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30. Juni 2021 | 08:00 Uhr
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FTI-Chef Schiller will stärker auf Rendite setzen

Anders als Firmengründer Dietmar Gunz, den er zum Jahreswechsel an der Spitze der FTI-Geschäftsführung ablöste, will Ralph Schiller (Foto) künftig keinen kompromisslosen Wachstumskurs fahren. Im Vordergrund müsse der Ertrag stehen, sagt er.

Schiller Ralph FTI Group Managing Director

Ralph Schiller will nicht um jeden Preis auf Wachstum setzen

Ralph Schiller ist kein Mann großer Worte. Seine Prognosen verzichten in der Regel auf Superlative und fallen eher durch nüchterne Sachlichkeit auf. Besonders wortgewaltig trat auch der frühere Dietmar Gunz nicht auf, mit dem Schiller in den vergangenen eng zusammenarbeitete. Doch er stand für einen Kurs, mit dem er innerhalb der Branche gerne mal aneckte. So agierte er gegen vermeintliche Trends, handelte antizyklisch und scheute keine Risiken. Unter anderem baute er die Präsenz von FTI in Zielen wie der Türkei und Ägypten aus, als diese touristisch am Boden lagen, und sicherte sich so eine starke Position in den Destinationen. Auch das intensive Engagement in Marokko erfolgte eher gegen als mit dem Trend.

Im Ergebnis verdoppelte die FTI Group binnen sechs Jahren bis 2019 den Umsatz auf 4,2 Milliarden Euro. Allerdings sprang selbst in diesem Rekordjahr nicht viel Gewinn heraus. Unter dem Strich blieben keine drei Millionen Euro, die dem Vernehmen nach durch Hotelverkäufe gesichert wurden. Bis Corona ging das trotz immer mal wieder aufflammender anderslautender Branchengerüchte gut.

Kredite belasten die Aussichten

Doch im Zuge der Pandemie muss sich der 2019 drittgrößte europäische Tourismuskonzern neu orientieren. Denn Banken wie Unicredit, die dem Unternehmen einen Kredit in dreistelliger Millionenhöhe gewährte, und der Wirtschaftsstabilisierungsfonds WSF, der über ein Darlehen und eine stille Einlage 485 Millionen Euro locker machte, verlangen Sicherheiten. Zudem müssen die Kredite, deren Rahmen FTI laut Schiller bislang nicht voll ausgeschöpft hat, die dem Unternehmen aber eine hohe Zinslast aufbürden, irgendwann zurückgezahlt werden. Und auch Mehrheitsgesellschafter Samih Sawiris, der 75,1 Prozent an FTI hält, will nach der Pandemie sicher kein weiteres Geld verbrennen.

"Wir müssen einfach gut sein"

Vor diesem Hintergrund ist es nicht wirklich erstaunlich, dass Schiller bei einer Presserunde auf die Frage, welche Weichen bei FTI gestellt werden müssten, antwortete, dass künftiges Wachstum vor allem dem Ertrag dienen müsse. FTI sei schon vor der Krise „in vielen Dingen sehr gut“ gewesen, doch es gebe noch Luft nach oben. Das gelte neben der Digitalisierung auch für die Kundenzufriedenheit, sagte er jüngst dem Fachblatt "FVW" – unter anderem im Flugbereich. Die Pandemie habe Flugpläne oft kräftig durcheinandergewirbelt, indem Flüge gestrichen oder zusammengelegt worden seien. "Wir müssen einfach gut sein", fasst Schiller den Auftrag zusammen.

FTI setzt weiter auf Vollcharter

Kurzfristig hofft der FTI-Chef darauf, dass sich zur Wintersaison neben europäischen Zielen zunehmend wichtige Fernziele öffnen. Zudem müssten in den wichtigsten Destinationen am Mittelmeer und in Nordafrika stabile Bedingungen für Reisende gewährleistet sein. Ein wichtiges Element in der Planung, dass auch Firmengründer Gunz nutzte, behält Schiller indes bei: Für die wichtigsten FTI-Ziele werden zum Winter eigene Flugketten aufgelegt; diesmal mit der bulgarischen Fluggesellschaft European Air Charter. Die Vollcharter sind, je nach Vertragskonditionen, nicht ohne Risiko. Aber sie sorgen für ausreichende Flugkapazitäten selbst dann, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, oder wenn sich andere Carrier angesichts heranziehender Gewitter aus Zielgebieten zurückziehen.

Christian Schmicke

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