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13. Oktober 2023 | 07:00 Uhr
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Wie die Reisewirtschaft das Fachkräfteproblem lösen will

Die Erwartungshaltung war klar. In einer Blitz-Umfrage votierten 72 Prozent der Teilnehmer des DRV-Kongresses dafür, dass es primär Aufgabe der Unternehmen selbst sei, das Fachkräfteproblem zu lösen. Einige Branchenvertreter erklärten im Rahmen einer Podiumsdiskussion, wie ihre Unternehmen das neue Dauer-Thema angehen und bewältigen.

Auszubildende Azubis quer Foto iStock stockfour

Früh echte Verantwortung an die jungen Mitarbeiter zu übertragen, kann ein Schlüssel zum Erfolg für die Mitarbeiterbindung sein.

Zunächst und am deutlichsten in der Tonalität äußerte sich die Vertreterin einer fremden Branche, Colette Rückert-Hennen, Personalvorständin von EnBW Energie Baden-Württemberg. Sie kritisierte als Außenstehende die nicht vorhandenen Lernbereitschaft der Unternehmen aus der Reisewirtschaft in Bezug auf die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen inklusive höherer Löhne: "Die Touristik ist perfekt darin, neue Produkte aufzulegen und diese den Wünschen ihrer Kunden anzupassen. Hinsichtlich der Arbeitsbedingungen geht sie aber nicht auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter ein."

Früh echte Verantwortung an die jungen Mitarbeiter zu übertragen, sei in jedem Fall ein Schlüssel zum Erfolg, um die Arbeitskräfte zu binden, befand die Personalvorständin des Energieriesen. Zudem habe EnBW das ursprüngliche Ausbildungskonzept komplett umgestellt. "Wir machen keine klassische Personalplanung mehr, sondern eine strategische Planung mit Blick auf fünf Jahre. Wir suchen primär nach Talenten und nach Skills, die wir perspektivisch benötigen. Wir brauchen heutzutage multifunktionale Mitarbeiter." Zudem stelle EnBW seit 3 Jahren deutlich über Bedarf ein, um auch noch morgen ausreichend Fachkräfte zu haben. 

Kommen die neuen Fachkräfte für die Reisebüros bald aus Vietnam?

So weit ist Markus Orth, Geschäftsführer von Lufthansa City Center, derweil noch lange nicht. Aber immerhin, das neu gestartete Quereinsteiger-Programm habe sich bewährt, berichtete Orth. "Gerade ist der dritte Durchlauf unseres Quereinsteiger-Programms gestartet." Aus der Sicht von Orth sei es für sein Unternehmen nicht einfach, das benötigte Personal zu finden, aber dennoch leistbar. "Es ist derzeit mittelschwer für uns. Aber wir sind auf dem richtigen Weg." Perspektivisch sei auch die Personalgewinnung im Ausland vorstellbar, etwa in Vietnam. Entsprechende Gespräche dazu würden derzeit über die Außenhandelskammer geführt. "Noch ist das aber nur eine Idee", versicherte Orth. Insgesamt sei das Thema Fachkräfte und Recruiting bei seinem Unternehmen in der Prioritätenliste inzwischen auf Platz eins. "Denn bei vollen Auftragsbüchern ist das nicht vorhandenen Personal ein echter Hemmschuh". 

Durchaus zufrieden mit der Mitarbeitergewinnung zeigte sich Arno Hoyer, Verkaufsleiter bei Phoenix Reisen. "Der Aufwand ist etwas größer geworden, aber unterm Strich ist es immer noch recht einfach für uns", so Hoyer. Zwar kämen die Bewerbung nicht mehr automatisch reingeflattert, aber über die vielen persönlichen Empfehlungen würde noch sehr viel laufen. Klar sei aber, dass man die jungen Einsteiger früh und angemessen fördern müsse. "Bei uns darf man nicht nur raus, sondern gerade die jungen Einsteiger sollen explizit das Büro verlassen und irgendwann auch aufs Schiff." Das sei eine sehr gute Schule und die jungen Menschen kämen danach regelrecht verändert zurück nach Bonn.

Dieter Schaupp, Personaldirektor bei TUI Deutschland, erinnerte derweil daran, dass es bei dem Reiseriesen aus Hannover nicht nur um neue Ansätze beim Recruting, sondern gleichermaßen auch um die richtige Mitarbeiterbindung gehe. "Vielfalt, Bindung, Führung und Entwicklungsmöglichkeiten sind heutzutage die zentralen Aspekte, um den gestiegenen Anforderungen der Belegschaft gerecht zu werden", so Schaupp. Letztlich sei Recruiting und Mitarbeiterbindung aber ein gemeinsamen Puzzle, was es immer wieder zu sortieren und zu ordnen gelte.

Pascal Brückmann

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