Mini-Serie: Warum Kunden einen Rabatt wollen
Was haben die Insolvenzen von Airberlin oder Thomas Cook mit Rabatten zu tun? Sie zeigen, wir margenschwach die Touristik ist und wie nah viele Unternehmen am Abgrund stehen. Deshalb sollten sie mit Rabatten äußerst umsichtig umgehen. Im Teil 1 seiner Rabatt-Serie für Reise vor9 spürt Unternehmensberater Markus Heller von Dr. Fried & Partner den Motiven nach, warum Kunden um den Preis feilschen.
Nicht nur in der Touristik gehört das Feilschen um Rabatte zum guten Ton: Autos kaufen wir mit einem zum Teil ordentlichen Preisabschlag, Lebensmittelgeschäfte ködern uns täglich mit Rabatten und Sonderangeboten und in der Reisebranche wird der Kunde von vielen Anbietern nach wie vor hauptsächlich mit „attraktiven“ Preisen gelockt, statt mit Emotionen und Mehrwerten.
Vor diesem Hintergrund ist es hilfreich, zunächst einmal zu verstehen, was Kunden eigentlich antreibt, wenn Sie nach dem ominösen Rabatt fragen. Denn wenn wir verstehen, was hinter dieser Frage steht, dann sind wir in der Lage, wesentlich besser zu agieren als nur zu reagieren.
Übrigens beschäftigt die Frage nach Preisnachlässen nicht nur Endkunden, sprich Reisende. In abgewandelter Form gelten die beschriebenen Motive auch für das B2B-Geschäft, das heißt für professionelle Hotel- oder Flugeinkäufer genauso wie für den Einkauf von IT-Systemen oder den Einkauf von Beratungsleistungen.
Das treibt Menschen bei der Rabattfrage an:
- Der Kunde möchte aus Prinzip den besten Preis: Viele Reisende wissen um den Preiswettbewerb der Leistungsanbieter und Reiseveranstalter und fragen aus Prinzip nach Preisnachlässen, um Reisemittler, online wie stationär, gegeneinander auszuspielen.
- Fragen kostet nix: Ein paar Prozente gehen immer – also fragt der Kunde mal nach, auch wenn für ihn der günstigste Preis gar kein kaufentscheidendes Kriterium ist.
- Bei einem günstigen Reisepreis bleibt mehr für den Urlaub vor Ort übrig: Das Reisebudget ist nicht schon bei der Buchung überschritten und daher schaut man mal, ob es nicht etwas billiger geht.
- Rechtfertigen vor dem (Reise-) Partner: Jede Rabattgewährung ist ein „Sieg“ für den Käufer und wenn dies der Partner erfährt, ist Lob sicher.
- Der Reiseetat ist klein: Der Kunde sucht tatsächlich nach dem billigsten Angebot, nennt aber aus Scham oder Berechnung kein Budget. Den richtigen Reisepreis zu finden, ist in diesem Fall sicherlich die größte Herausforderung.
- Suche nach Selbstbestätigung: Die Bestätigung das Richtige gebucht zu haben und dazu noch einen tollen Preis ausgehandelt zu haben – was wollen Menschen mit einem großen Ego mehr?
- Überlegenheit: Der Kunde weiß aufgrund umfassender Internetrecherche besser über im Markt befindliche Angebote Bescheid und will diese „Vorarbeit“ durch einen Rabatt entlohnt wissen.
- Mangelnde Überzeugung vom Produkt: Der Kunde ist vom Urlaubsangebot nicht begeistert und „muss“ vermeintlich mit einem günstigen Preis überzeugt werden.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die Differenzierung von Rabattjägern und Smart Shoppern. Hierbei unterscheiden sich zweitere dadurch, dass sie es nicht einfach auf einen Preisnachlass absehen, sondern das Ziel nach „more value for less money“ im Auge haben. So hat die Werbeagentur Grey schon zu Beginn der 2000er Jahre aufgezeigt, dass Rabattsuchende tendenziell nach Angeboten in der unteren Preisklasse suchen, während Smart Shopper gute Qualität zu einem günstigen Preis möchten.
In der Konsequenz bedeutet das, dass diese Klientel prädestiniert ist für Leistungsangebote, deren Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Hier lohnt es, sich als Verkäufer besonders anzustrengen, da häufig eine überdurchschnittlich hohe Preisbereitschaft vorhanden ist und wertige Angebote ihre Abnehmer finden. Die Kunst für den Verkäufer besteht darin, dem Interessenten klar zu machen, dass der „value“ (also der Wert der Leistung) höher ist, als der Preis des Angebotes.
Wie die Auflistung der Rabattmotive zeigt, gibt es eine Vielzahl von Gründen für die Forderung nach Preisnachlässen. Aber schon auf den ersten Blick ist zu erkennen, dass nur ein Teil hiervon wirklich kaufentscheidend sind: Ob das fehlende Selbstbewusstsein, ein großes Ego oder die Rabattfrage ohne wirklichen Hintergrund – mit Souveränität, Humor oder mit einfachen Produktargumenten lassen sich diese oft leicht aus der Welt schaffen, ohne dass Verkäufer oder Käufer ihr Gesicht verlieren.
Für die etwas kniffeligeren Kundenmotive hingegen gilt, schon früher im Kommunikationsprozess mit dem Kunden anzusetzen. Darum geht es im zweiten Teil der Serie „So vermeiden Sie Rabatte“ der morgen erscheint.
Markus Heller (Foto) ist seit 1995 Berater und seit 1998 geschäftsführender Gesellschafter der auf Tourismus spezialisierten Unternehmensberatung Dr. Fried & Partner in München. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft an den Universitäten Wien und München promovierte Heller am Institut für Tourismus und Verkehrswirtschaft an der Universität St. Gallen. Schwerpunkte seiner Beratungstätigkeit sind Vertrieb, Vermarktung und Organisation.