Krieg wirft dunklen Schatten auf guten Start ins Reisejahr
Bis vor wenigen Tagen noch war die Reiselust der Deutschen groß, die Urlaubsbuchungen im Februar übertrafen sogar die im Vergleichsmonat vor der Corona-Krise. Doch dann griff Russland die Ukraine an, und jetzt ist die Unsicherheit zurück. Die Auswirkungen des Krieges auf das Reisejahr seien aber noch nicht absehbar, so DRV-Präsident Norbert Fiebig (Foto).
Nach zwei Jahren Pandemie stünden bei den Menschen in Deutschland die Zeichen wieder klar auf Urlaub, so der Chef des Deutschen Reiseverbands. "Die Urlaubsbuchungen für die Hauptreisezeit in den Sommermonaten ziehen derzeit deutlich an – seit Anfang Februar übertrifft das wöchentlich gebuchte Umsatzvolumen sogar das der Vergleichswochen im Februar 2019 und damit der Zeit vor Corona", sagt Fiebig. Drei Viertel aller Neubuchungen in stationären Reisebüros und auf Online-Reiseportalen seien Pauschalreisen.
Es fehlt immer noch die Hälfte der Buchungen
Bei den beliebtesten Reisezielen der Veranstalter- und Reisebürokunden hat sich wenig verändert. Spanien, Griechenland, die Türkei, Ägypten und Italien sind die Top Five. Die USA als wichtigstes Fernreiseziel hat es wieder unter die Top Ten geschafft. "Die aktuell steil ansteigende Buchungskurve insbesondere für die Sommerferien darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass erst etwa die Hälfte des sonst üblichen Umsatzniveaus erreicht ist", mahnt Fiebig. "Das Minus gegenüber dem Vor-Corona-Sommer 2019 beträgt Stand Mitte Februar kumuliert 48 Prozent."
Üblicherweise werden im Januar die meisten Urlaubsreisen für die Sommersaison gebucht. In diesem Jahr hatte der Buchungspeak gerade erst begonnen. Durch den Krieg Russlands in der Ukraine steht es in den Sternen, wie es weitergeht. "Einen dunklen Schatten der Unsicherheit wirft der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine", erklärt der DRV-Präsident. "Die brutale Invasion Russlands hat die Welt tief getroffen und schockiert." Zum jetzigen Zeitpunkt sei schwer absehbar, inwieweit der Krieg zu einer allgemeinen Verunsicherung führe und Auswirkungen auf das Reiseverhalten habe.
Organisierte Reise leidet in der Krise überproportional
Wie tief die Reisewirtschaft nach wie vor in der Krise steckt, verdeutlichen die Zahlen des vergangenen Jahres. 28,8 Milliarden Euro gaben die Deutschen 2021 für vorab gebuchte Reiseleistungen aus. Das ist nicht einmal die Hälfte der Ausgaben von 2019, als das Reisen den Deutschen fast 70 Milliarden Euro wert war.
Auch wie das Geld fürs Reisen ausgegeben wurde, bereitet dem DRV Kopfschmerzen. Denn nur noch 10,4 Milliarden Euro entfielen 2021 auf organisierte Reisen von Veranstaltern. Das sind nur noch 36 Prozent der gesamten Reiseausgaben. Vor der Pandemie betrug der Marktanteil organisierter Reisen mehr als die Hälfte. Der Grund für den gesunkenen Anteil sieht der DRV im weitgehenden Wegfall von Fernreisen und Kreuzfahrten. Der Verband hegt die Hoffnung, dass mit dem Comeback dieser Segmente auch die Veranstalterreise wieder Aufwind bekommt.
Kreuzfahrtmarkt um 80 Prozent geschrumpft
Besonders hart hat es die Kreuzfahrtanbieter getroffen. Von sechs Milliarden Euro Umsatz vor der Pandemie für Urlaub der Deutschen auf Meer und Flüssen ist nur ein Fünftel übrig, 2021 rund 1,1 Milliarden. Wann und ob überhaupt deutsche Urlauber wieder im Vor-Corona-Umfang aufs Schiff gehen, bleibt offen. Die Kreuzfahrtbranche gibt sich gewohnt zuversichtlich, ihre in Betrieb befindlichen Schiffe im kommenden Sommer gut auszulasten.