Jedes fünfte Reisebüro nimmt Service-Fee bei Pauschalreisen
Auch wenn große Ketten ihren Büros auferlegen, für Pauschalreisen Servicegebühren zu kassieren, hat sich das Modell bislang keineswegs flächendeckend durchgesetzt. Gut 20 Prozent der Teilnehmer einer aktuellen Counter-vor9-Umfrage geben an, dies zu tun. Immerhin: der Anteil steigt.
Mit dem Thema Service- und Buchungsgebühren geht der Reisebürovertrieb weiterhin sehr heterogen um. Das verdeutlicht die Counter-vor9-Umfrage aus dieser Woche, an der rund 500 Reiseprofis teilnahmen. Am stärksten durchgesetzt haben sich Servicegebühren bei Flugbuchungen (71%). Verbreitet sind Gebühren auch bei Hilfe im Hinblick auf Visa-Formalitäten oder das Ausfüllen von Bordmanifesten (56%). Für die Buchung von Zusatzleistungen wie Online-Check-in, Sitzplatzreservierungen, Bordverpflegung, Zusatzgepäck und ähnlichem bei Flügen verlangen 43 Prozent der Umfrageteilnehmer eine Gebühr. Bei der Ausarbeitung komplexerer Rundreisen sind es 30 Prozent, für Hotelbuchungen machen 22 Prozent davon Gebrauch.
Auch im Detail agieren die Reisebüros bei Servicegebühren höchst unterschiedlich – das geht nicht zuletzt aus einer Fülle von Kommentaren der Umfrageteilnehmer hervor. Nicht wenige Reisebüros machen die Gebührenerhebung offenbar von der Art der Kundschaft abhängig. Manche kassieren bei Neukunden, um sogenannten Beratungsklau zu verhindern, andere nehmen erst dann Gebühren für die Ausarbeitung von Reisen, wenn sie zuvor mit den jeweiligen Kunden bereits schlechte Erfahrungen gemacht haben. In diesen Fällen wird die Gebühr bei Pauschalreisen in der Regel im Fall der Buchung angerechnet.
"Eine Frage der Wertschätzung"
"Wir erheben eine Beratungsgebühr von den Kunden, die uns bereits mehrfach haben arbeiten lassen, ohne bei uns gebucht zu haben", schreibt etwa eine Reisebürochefin. Ein anderer Reiseprofi ergänzt: "Wir nehmen seit zwei Jahren eine Aufwandspauschale von 50 Euro für eine Ausarbeitung, die dann nicht anfällt, wenn anschließend bei uns gebucht wird. Damit halten wir uns die Kunden vom Leib, die uns nur zur Ausarbeitung benutzen und dann im Internet buchen oder in mehreren Büros anfragen. Diese Gebühr sehe ich als Wertschätzung für meine Arbeit und bringe das dem Kunden auch so rüber."
Manche Reisebüros sehen indes weiterhin keine Chance, die Kunden für ihre Beratung zur Kasse zu bitten. "Fast alle Büros im Umkreis nehmen keine Gebühren, somit können wir auch keine nehmen, da viele Gäste dann abwandern werden“, schreibt ein Umfrageteilnehmer. Ähnlich formulieren es weitere Reiseprofis. Die nach wie vor hohe Reisebürodichte und starker Konkurrenzdruck lasse diesen Schritt nicht zu, heißt es mehrfach.
Anteil der Befürworter von Servicegebühren steigt
Eine halbwegs flächendeckende Akzeptanz von Service- und Beratungsgebühren bei Pauschalreisen scheint also noch in weiter Ferne zu liegen, auch wenn einige Ketten- und Kooperatioschefs nicht müde werden, zu betonen, das Thema sei bei ihnen etabliert. Indes zeigt der Vergleich mit einer im April 2021 durchgeführten Counter-vor9-Umfrage, dass durchaus Bewegung in das Thema gekommen ist. Damals verlangten lediglich elf Prozent der Befragten bei Pauschalreisen ein Entgelt für ihre Beratungsleistung.
Christian Schmicke