"Ich glaube an das Konzept des Grünen Reisebüros"
Aktuell fehle die Nachfrage, der Verkauf sei sehr schleppend, bestätigt Andreas Kindlimann (Foto). Der Büroleiter des zu LCC gehörenden Grünen Reisebüros in Freiburg ist unzufrieden mit den Umsätzen, aber dennoch vom Konzept überzeugt. Denn der Schweizer will den Verkauf von nachhaltigen Reisen auch auf die Schweiz ausweiten, zunächst nur online.
Kürzlich hat LCC-Chef Markus Orth im Gespräch mit dem Fachblatt FVW eine ernüchternde Zwischenbilanz des Grünen Reisebüros gezogen. Er ging sogar noch weiter, denn für den LCC-Manager ist "Nachhaltigkeit noch kein eigenständiges Vertriebskonzept".
"Manche Dinge brauchen Zeit und schlagen nicht sofort ein", sagt Andreas Kindlimann im Rückblick auf die vergangenen 15 Monate. Seitdem ist er Büroleiter im Grünen Reisebüro in Freiburg und leistet täglich Überzeugungsarbeit an neugierigen Kunden. "Es gibt so viele Vorurteile in Bezug auf nachhaltige Reisen, die gilt es, täglich zu entkräften", sagt der Touristiker. Der fatalste Punkt sei, dass nachhaltige Reisen für generell teurer gehalten würden, als "normale". Dadurch wagten sich viele schon gar nicht an das Thema oder die Beratung für den nächsten Urlaub heran, so Kindlimann. Zudem sei das Image des Tourismus schlecht, beziehungsweise es würden häufig negative Effekte in den Vordergrund gespielt, etwa der CO2-Fußabdruck bei Fernreisen.
Mehr positive Berichterstattung vonnöten
"Ich würde mir wünschen, dass es mehr Berichte darüber gibt, was man als Urlauber alles Positives im Zielland bewirken kann", so Kindlimann. Wer bei einem nachhaltig agierenden Hotel hinter die Kulissen geschaut habe, sei begeistert, so seine Erfahrung. Urlauber lernten die Menschen kennen, sähen den Gemüsegarten oder wie der Strom erzeugt werde, das schaffe gute Erinnerungen auf beiden Seiten.
Für den Verkauf ist Expertise gefragt
"Es reicht für ein Reisebüro nicht, sich nur ein Plakat ins Schaufenster zu hängen, dass 5.000 nachhaltige Hotels buchbar sind", sagt er. Die Reiseverkäufer müssten sich wirklich mit dem Thema und den Produkten auseinandersetzen, das sei zeitaufwendig. Aber nur so könne man am Counter die Menschen für das Thema begeistern, mit Storytelling, Emotionen und Bildern im Kopf. Dass die LCC-Zentrale das Konzept im Freiburger Büro auf den Prüfstand stellen wolle, beunruhige ihn nicht. Er stehe bereit, mit seiner Expertise.
Grüne Bio-Ecke?
Kurzfristig werde es wohl darauf hinauslaufen, dass es innerhalb von Reisebüros einen grünen Counter gibt. Er sei davon nicht wirklich überzeugt, denn bei dem Thema seien echte Experten gefragt. So nebenbei komme dabei eher nichts Halbes und nichts Ganzes heraus: "Ein rein grüner Auftritt ist ehrlicher, als eine Ecke, die auf Nachhaltigkeit macht."
Online-Expansion in die Schweiz
"Positiv ist, dass das Thema aktueller denn je ist, daran führt einfach kein Weg vorbei", ist er überzeugt. Dass AER die Fairweg-Büros an den Start gebracht hat, sieht er positiv und nicht als Konkurrenz. "Je mehr Aufmerksamkeit, desto besser". So habe auch der Schweizer Reiseverband gerade eine große Nachhaltigkeitskampagne gespielt. Dabei wurden auch B2B-Webinare aufgelegt, in denen er das Konzept des Grünen Reisebüros vorgestellt habe. Das Interesse sei groß gewesen und er arbeite aktuell daran, das Konzept auf die Schweiz auszuweiten. Zunächst nur online mit sofort buchbaren Produkten, aber langfristig auch mit einem stationären Büro. "Am Anfang muss man mutig sein und darf nicht zu leicht aufgeben", so das Credo des Reisebüroleiters.
Sabine Schreiber-Berger