Warum Greenwashing in der Touristik nicht mehr funktioniert
Mit Hilfe von Spenden Gutes zu tun sei in Ordnung, sagt Claudia Brözel (Foto), die an der Hochschule Eberswalde als Professorin zu nachhaltigem Tourismusmanagement forscht und lehrt. Sozialverantwortliches Handeln müsse jedoch stärker ins Zentrum von Geschäftsmodellen rücken. Mit "grünen" Marketing-Gags lasse sich die Generation "Fridays for Future" nicht überzeugen.
Die Themen Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung müssen sowohl aus der akademischen Ecke als auch aus den Unterabteilungen von Großunternehmen, in denen sie bisweilen beheimatet sind, herausgeholt werden, unterstreicht Brözel im Gespräch mit Reise vor9. Um dazu beizutragen, betreut sie nunmehr im vierten Jahr die "Social Entrepreneurship Competition in Tourism". Der Wettbewerb prämiert touristische Unternehmen, die die Lösung von Problemen nicht zur ehrenvollen Aufgabe, sondern zum Geschäftsmodell erkoren haben. Tourismus-Start-ups, aber auch bestehende Unternehmen, zeigten, wie sich Geschäftsideen entwickeln lassen, die sowohl wirtschaftlich erfolgreich sind als auch zur Lösung ökologischer und sozialer Probleme beitragen, unterstreicht Brözel. Die Branche befinde sich in einem Transformationsprozess, erklärt die Hochschullehrerin. Sei es für die Touristik zunächst darum gegangen, sich einzugestehen, dass sie bisweilen ein Teil des Problems ist, so gelte es nun, marktorientierte Lösungen gesellschaftlicher Probleme im Tourismus voranzutreiben. „Wir müssen weg von kleinen Projekten“, unterstreicht sie. „Die nächsten Kunden, das sind die aus der Fridays for Future Generation; die sehen das sehr kritisch“, sagt Brözel. Sozialverantwortliches Unternehmertum sei in anderen Ländern schon viel weiter als hierzulande, wo derlei Aktivitäten gemeinhin in einer gemeinnützigen Organisation untergebracht würden. Damit jedoch sei es schwer, Geld zu verdienen. Doch diesbezüglich gebe es Bewegung, zeigt sich Brözel optimistisch. So wolle die neue Bundesregierung für Sozialunternehmertum eine neue Unternehmensform schaffen und dafür Fördergelder bereitstellen. „An vielen Stellen entsteht etwas“, sagt sie. Auch die Corona-Pandemie habe dazu beigetragen. So habe die erzwungene Langsamkeit durch die Pandemie viele Menschen zum Nachdenken gebracht. Allein die Möglichkeit, sich bewegen zu dürfen und anderen Menschen zu begegnen, werde wieder viel stärker als Privileg wahrgenommen, glaubt Brözel. Daraus ergäben sich Möglichkeiten, das Reisen vom reinen Massengeschäft wieder stärker zum Erlebnis zu machen. „Wir werden nicht Massentourismus übermorgen durch nachhaltigen Massentourismus ersetzen“, weiß die Wissenschaftlerin. Doch angesichts begrenzter Ressourcen werde es zu einem Preisanstieg kommen, der auch das Angebot verändern werde. Ein wichtiger Faktor seien zudem nachrückende, sehr reiseerfahrene Generationen, für die die Ferne um der Ferne willen keine Priorität mehr habe. So erlebe etwa Wandern einen riesigen Aufschwung. Ein anderer Aspekt, der Brözel optimistisch stimmt, ist die stark wachsende Nachfrage nach so genannten „Micro Adventures“. Dabei gehe es um kleine Erlebnisse vor der Haustür, für die nicht tonnenweise fossile Brennstoffe verfeuert werden müssten. Das komplette Gespräch mit Claudia Brözel können Sie im Reise vor9 Podcast hören. Sollte der Webplayer auf dieser Seite nicht funktionieren, klicken Sie einfach auf diesen Link: https://reisevor9.podigee.io/294-neue-episode Weitere Infos zu dem Wettbewerb und den Gewinnern gibt es unter diesem Link Und im Detail: Gewinner 2020 (Growth Track Platz 1) Gewinner 2021 (Growth Track 2. Platz) Gewinner 2021 (Launch Track ) |
Sie haben der Darstellung dieses Inhalts nicht zugestimmt. Mit Ihrer Erlaubnis wird der Inhalt angezeigt. Dann werden bestimmte Daten an eine dritte Partei übermittelt.