Wem nützen Veranstalter-Tools für Service-Entgelte?
Die Ankündigung von TUI und DER Touristik, eine technische Lösung anzubieten, mittels derer Reisebüros beim Verkauf von Pauschalreisen künftig ein Service-Entgelt einstellen können, das sie zusätzlich zur Provision kassieren, sorgt im Vertrieb für intensive Diskussionen. Gegner und Befürworter nutzen altbekannte Argumente.
Bei der virtuellen Jahrestagung der Reisebürokooperation TSS hatten die beiden Konzerne betont, die neue technische Lösung solle kein Ersatz für die bestehende Vergütung durch die Veranstalter sein, sondern diese durch die Integration eines entsprechenden Segments in den Abrechnungsprozess ergänzen. Eine Abkehr von den bestehenden Vergütungsmodellen oder gar die Aufgabe des Handelsvertreterstatus seien nicht geplant.
Doch in den Debatten auf Social-Media-Plattformen kommt ebendieser Verdacht wieder deutlich zum Vorschein. "Das ist das Ende des Handelsvertreterstatus. Wozu benötigen wir Reiseveranstalter, um für Extraleistungen unserer Reisebüros ein Serviceentgelt zu nehmen?“ schreibt eine Reisebüroinhaberin, die sich mit Konzernstrategien auskennt, in einer Facebook-Gruppe. Das Ziel der Reisekonzerne und großen Veranstalter sei der Wegfall des Handelsvertreterstatus, heißt es weiter. Dann könnten diese preislich "machen was sie wollen, ohne uns mitzunehmen".
Zwischen Chancen und Misstrauen
Ähnlich argumentieren auch weitere Vertreter des stationären Vertriebs. Viele glauben zudem, dass der intensive Preiswettbewerb bei Pauschalreisen keine Spielräume zur Erhebung von zusätzlichen Entgelten lasse. Andere erinnern daran, dass es in der Corona-Krise ein Vorschlag aus Reisebürokreisen gewesen sei, eine Gebühr für geleistete Arbeit zu erheben, die auch im Fall einer Reiseabsage nicht zurückgezahlt werden müsse. Dieser Vorschlag werde nun von Reiseveranstaltern aufgenommen und das sei gut so.
Einige Vertriebsprofis können einem Entgelt, das in den Buchungsprozess integriert ist, also durchaus etwas abgewinnen. "Warum soll ein Reisebüro nicht für eine Ausarbeitung und seine Dienstleistung ein Entgelt nehmen?“ fragt einer. Rechtsgrundlage für diesen Zahlungsanspruch sei dann ein eigenständiger Vertrag über die Erstellung von Angeboten und der Dienstleistung, ähnlich einem Kostenvoranschlag bei Handwerkern oder Werkstätten.
Am Ende geht es, wie schon so oft, nicht zuletzt darum, ob die Offerte der Konzerne als ernstgemeintes Angebot zu werten ist oder ob es sich um einen Trick handelt, der die tradierten Geschäftsbeziehungen nach und nach aushebeln soll. Spätestens seit sich die Fluggesellschaften auf ähnliche Weise von Provisionszahlungen verabschiedet haben, sitzt das Misstrauen des stationären Vertriebs tief.
Christian Schmicke
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