Thomas-Cook-Pleite Tag 3: Der Überblick für Reiseprofis
Der genehmigte Überbrückungskredit für Condor und die Insolvenz der deutschen Veranstaltermarken prägten die Schlagzeilen. Die Cook-Veranstalter wollen nicht aufgeben, sondern suchen Investoren. Zugleich wachsen die Zweifel, dass der auf 110 Millionen Euro begrenzte Insolvenzschutz reicht.
Feierlaune beim Ferienflieger Condor: Der Bund und das Land Hessen wollen der Airline 380 Millionen Euro leihen und die EU-Kommission zeigt sich nicht abgeneigt, den Kredit durchzuwinken. Während die Touristik die Entscheidung einhellig bejubelt, ist das Medienecho gespalten. Manche Kommentatoren, wie ARD-Redakteur Tobias Betz, gönnen Condor die "zweite Chance" und schließen sich der Lesart an, dass der Kredit gerechtfertigt sei und andere Lösungen für alle Seiten viel teurer werden könnten. Andere, wie die FAZ-Wirtschaftsredakteurin Heike Göbel, warnen vor einem "gefährliche Präzedenzfall", der andere Branchen, wie die Automobil-Zulieferindustrie, auf den Geschmack bringen könnte.
Insolvenzantrag schafft Klarheit
Fast schon erleichtert wurde die Nachricht vom Insolvenzantrag der deutschen Thomas-Cook-Veranstalter aufgenommen, weil damit die Hängepartie der letzten zwei Tage beendet ist. Von nun an tritt die Zurich Versicherung, hierzulande vertreten durch den Makler Kaera, für die Übernachtungs- und Rückreisekosten der Thomas-Cook-Gäste ein.
Cook-Deutschland-Chefin Stefanie Berk sieht für die Veranstaltermarken des insolventen Konzerns indes durchaus noch eine Perspektive. Laut dem Fachblatt "FVW" will sie "in Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter das sanierte Veranstaltergeschäft selbstständig fortführen" und plant "die Wiedergeburt von Neckermann Deutschland".
Die Mutter trägt die Schuld
Sowohl Condor-Chef Ralf Teckentrup als auch Cook-Deutschland-Chefin Berk schieben den Grund für das Desaster auf den Mutterkonzern. "Wir sind unverschuldet in Not gekommen, unsere Liquidität für den Winter ist in London verbuddelt", sagt Teckentrup. Die Tochtergesellschaften hätten freie Mittel zum Konzern transferieren müssen, um ihn bis zu einem Rettungspaket am Leben zu halten, zitiert die "FAZ". Berk erklärt gegenüber der Zeitung, sie sei "entsetzt, wie die Schlussphase von Thomas Cook abgelaufen ist". Es seien "immer wieder Nachforderungen gestellt worden, beispielsweise nachträglich geforderte Sicherheiten, die kurzfristig nicht mehr zu erfüllen waren".
Debatte um Insolvenzabsicherung
Immer breiteren Raum nimmt unterdessen die Frage ein, ob das für die Insolvenz vorgesehene Auffangpaket von maximal 110 Millionen Euro reicht, um alle Forderungen zu begleichen. Der Tenor der Einschätzungen lautet: Vermutlich nicht. Einige Beobachter schätzen die Finanzierungslücke auf rund 300 Millionen Euro. Immerhin: Für den Rücktransport der 140.000 betroffenen Gäste aus Deutschland werde das Geld reichen, versichert Berk.
Keine Reisen bis 13. Oktober
Zwischen Pragmatismus und Verzweiflung pendelt indes die Stimmung vieler Reisbüros. An Arbeit mangelt es nicht; die Probleme über Thomas-Cook-Marken gebuchter Kunden sind allgegenwärtig. Zugleich müssen vor allem stark auf den Konzern fixierte Agenturen mit erheblichen Einbußen rechnen und für so manches Büro stellt sich de Frage nach dem künftigen Kurs.
Auf dem Anrufbeantworter der Agenturbetreuung erfahren Reiseprofis derzeit, dass Reisen mit Beginn bis zum 13. Oktober nicht durchgeführt werden. Für spätere Reisetermine stehe die Entscheidung noch aus. Auf anderem Weg seien sie nicht über die Entwicklung informiert worden, merken Vertriebspartner auf Social Media an.