So reagieren die Medien auf den Cook-Rettungsplan
Nach der Ankündigung, dass der chinesische Konzern Fosun Thomas Cook mit Hilfe der Gläubigerbanken rekapitalisieren will, wird lebhaft über die Erfolgsaussichten spekuliert. Die Bandbreite der Reaktionen reicht von Unterstützung bis zu der These, der Deal sei "fragwürdig“.
Das britische Fachportal "Travel Weekly" sammelte Einschätzungen, die unter der Headline „Branche begrüßt Fosuns Übernahmeabsicht“ zusammengefasst werden. Derek Jones, Chef des britischen Veranstalters von DER Touristik, wird mit den Worten zitiert: „Das ist gut für die Industrie und die Angestellten. Alles was die Spekulationen verstummen lässt, ist gut." Ein namentlich nicht genannter früherer Thomas-Cook-Manager erklärt: „Es ist das bestmögliche Ergebnis und dasjenige, das am wahrscheinlichsten zur Erhaltung von Jobs führt. Die Aktionäre sind sauer, aber Thomas Cook besteht weiter.“
Das spanische Fachportal "Hosteltur" lenkt sein Augenmerk auf Aussagen von Thomas-Cook-Chef Peter Fankhauser, die Leistungsträger, Angestellte und Kunden beruhigen sollen. Der Plan von Fosun bringe Sicherheit für Kunden, Partner und Mitarbeiter und stelle eine solide Basis für Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit dar, wird Fankhauser zitiert. Bei einem Treffen mit Hoteliers der Balearen habe der Cook-CEO zudem die Bedeutung des Schuldenabbaus unterstrichen. Der Schuldenberg von fast 1,8 Milliarden Euro habe den Konzern seit 2012 allein 1,35 Milliarden Euro an Zinsen gekostet.
Vorbild Club Med?
Die "Financial Times" sieht die Erfahrung von Thomas Cook im Pauschalreisesegment als Möglichkeit, im rasch wachsenden chinesischen Outgoing-Tourismus eine Rolle zu spielen. Allerdings sei der Erfolg dieser Mission keineswegs sicher. Den in China gebe es bereits starke Player, die das Reisegeschäft dominierten und die Marke Thomas Cook sei dort bislang wenig bekannt. Zudem vollziehe sich das Wachstum des Joint Ventures von Thomas Cook und Fosun in China bislang ziemlich langsam.
Fosuns Hoffnung auf einen erfolgreichen Turnaround des angeschlagenen Konzerns leite sich vor allem aus den positiven Erfahrungen mit der Übernahme von Club Med ab, so die "Financial Times“. Der einstmals französische Clubpionier, den Fosun 2015 komplett übernahm, schreibt inzwischen wieder schwarze Zahlen. Auch die "Süddeutsche Zeitung“ schreibt, Club Med solle "der Beleg dafür sein, dass das chinesische Konglomerat sanieren kann". Fosuns Strategie ziele auf die "Dominanz in Wachstumsmärkten, die für die Mittelschicht in China und anderen asiatischen Ländern wie Indien interessant sind". Die Zeitung verweist darauf, das jedes Jahr Millionen Menschen in Asien in die Mittelschicht aufstiegen. Sie wollten auf lange Sicht vor allem eins: "mehr von allem"". Allerdings werde der Kurswechsel für Thomas Cook auch mit chinesischer Hilfe "nicht leicht".
Enttäuschte Aktionäre
Das "Handelsblatt“ richtet seine Aufmerksamkeit dagegen auf die Auswirkungen des Deals auf die heutigen Thomas-Cook-Aktionäre. Denn obwohl Fosun Tourism seinen Anteil an dem europäischen Reiseveranstalter von bislang 18 auf voraussichtlich 66 bis 75 Prozent aufstocke, wolle sich der Konzern "ein Übernahmeangebot an die übrigen Aktionäre sparen". Diese sollten es sich "ohne Gegenwehr gefallen lassen, dass ihr Dividendenanspruch massiv verwässert wird". Dabei gelte in Großbritannien ebenso wie in Deutschland die Regel, dass Aktionäre, die ihre Anteile auf über 30 Prozent erhöhen wollten, zu einer öffentlichen Offerte verpflichtet seien. "Die Refinanzierung von Thomas Cook dürfte auf jeden Fall juristische Scharmützel nach sich ziehen", folgert der Autor.
Die Perspektive des Kapitalmarktes nimmt auch ein Analyst des Finanzdienstleistungsunternehmens "Motley Fool" ein. Er verweist darauf, dass sich die Anzahl der Thomas-Cook-Aktien von heute 1,54 Milliarden "voraussichtlich verfünf- oder sogar verzwölffachen wird“. Eine entscheidende Frage sei, zu welchem Kurs die neuen Anteile ausgegeben würden. Teile man den geplanten Investitionsbetrag von 750 Millionen Pfund durch den Durchschnitt der letzten Monate im Bereich von 15 Pennys, dann ergebe sich eine Anzahl von fünf Milliarden neuen Aktien. Werde hingegen der aktuelle Kurs von gut fünf Pennys zugrunde gelegt, dann wären es 15 Milliarden neue Stücke. Im ersten Fall hätten die bestehenden Aktionäre hinterher also immer noch 23,5 Prozent. Im zweiten Fall seien es nur noch "traurige 9,3 Prozent". "Folgen auf die Rekapitalisierung neue Probleme, so wie wir es bereits nach 2012 erlebt haben, dann ist die Aktie nicht einen Penny wert“, folgert der Analyst. Gelinge es hingegen, die Organisation mit der besseren Kapitalausstattung und einer erfolgreichen Strategie auf Vordermann zu bringen, dann sei "natürlich noch viel mehr drin als eine Marktkapitalisierung von 750 Millionen Pfund drin".
Einen weiteren Aspekt beleuchtet das britische Finanzportal "This is Money". Es verweist darauf, dass Thomas-Cook-Chef Fankhauser bis zuletzt stets nachdrücklich versichert habe, dass der Geschäftsbetrieb und die Liquidität des Konzerns nicht gefährdet seien und die Gespräche über neue Kredite im Umfang von 300 Millionen Pfund eine reine Vorsichtsmaßnahme darstellten. Die Aktionärsorganisation Sharesoc, die individuelle Anleger vertritt, verurteilt dies als "Irreführung der Aktionäre".
Christian Schmicke