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30. Juli 2024 | 11:45 Uhr
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Reisekunden dürfen beim Gericht an ihrem Wohnsitz klagen

Bei einer Auslandsreise können Verbraucher den Reiseveranstalter vor dem Gericht des Ortes, an dem sie ihren Wohnsitz haben, verklagen. Das gelte auch, wenn Verbraucher und Reiseveranstalter in ein und demselben EU-Mitgliedstaat ansässig sind, urteilte der Europäische Gerichtshof EuGH.

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Im konkreten Fall hatte ein Kunde mit Wohnsitz in Nürnberg bei FTI mit Sitz in München eine Auslandsreise gebucht. Weil er der Auffassung war, er sei über die Einreisebestimmungen und die erforderlichen Visa nicht ausreichend aufgeklärt worden, verklagte er den Veranstalter beim Amtsgericht Nürnberg auf Schadensersatz.

FTI machte geltend, dass das Amtsgericht Nürnberg örtlich nicht zuständig sei. Die sogenannte Brüssel-Ia-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit sei in Fällen, in denen Reisender und Reiseveranstalter in ein und demselben EU-Mitgliedstaat ansässig seien, nicht anwendbar. Das Amtsgericht Nürnberg befragte daraufhin den Gerichtshof zu dem Thema.

Aufwand für beklagte Touristikunternehmen wächst

Dieser entschied, dass die Brüssel-Ia-Verordnung bei Auslandsreisen auch dann anwendbar ist, wenn Verbraucher und Reiseveranstalter in ein und demselben Mitgliedstaat ansässig sind. Der aufgrund des ausländischen Reisziels bestehende Auslandsbezug genüge für die Anwendbarkeit der Verordnung, so die Richter. Diese lege unmittelbar fest, dass das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Dadurch sei gewährleistet, dass die „schwächere“ Partei – der Verbraucher – die stärkere vor einem für sie leicht erreichbaren Gericht verklagen kann.

Für künftige gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen Kunden und Reiseveranstaltern dürfte die Entscheidung von Gewicht sein. Denn damit kann jeder Verbraucher, der im Zuge einer Auslands-Pauschalreise juristische Vorwürfe gegen den Veranstalter erhebt, beim Gericht seines Wohnortes Klage dagegen einreichen. Das bedeutet auch, dass sich künftig nicht mehr die mit solchen Fällen gut vertrauten Gerichte in Hannover, Köln, Frankfurt oder München mit reiserechtlichen Fällen zu befassen haben, sondern – je nach Wohnort – andere Gerichte, die sich neu in die Materie einarbeiten müssen. Zudem wächst für die Veranstalter in vielen Fällen der Aufwand, weil sie ihre Angelegenheiten nicht mehr zwingend am Firmensitz vertreten können.

Für den Fall, aus dem der Rechtsstreit resultierte, dürfte das Urteil nach der Insolvenz der FTI Group indes keine Relevanz mehr haben.

Christian Schmicke

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