Reisebüro-Beschäftigte streiken ab Mitte April
Bei der Gewerkschaft Verdi läuft eine Urabstimmung der Reisebüro-Beschäftigten über bis zu einwöchige Warnstreiks. Die Arbeitnehmervertretung verzeichnete zuletzt massiven Zustrom von Beschäftigten aus dem stationären, aber auch aus dem Online-Vertrieb.
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Traditionell ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad der Reisebüromitarbeiter ziemlich gering. Die Sparte besteht aus vielen kleinen, miteinander konkurrierenden Unternehmen, deren Beschäftigte meist keine Perspektive in der Mitgliedschaft bei einer Arbeitnehmervertretung sahen.
Doch diese Haltung hat sich seit den jüngsten Streiks der Bahn-Lokführer und des Lufthansa-Personals, die mit Lohnerhöhungen im zweistelligen Prozentbereich und der Aussicht auf kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich endeten, offenbar massiv verändert. Jedenfalls berichten Vertreter des Fachbereichs Touristik in der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi über eine starke Welle von Neuzugängen. Mehr noch: die neuen Mitglieder seien kampfbereit, um für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einzutreten, heißt es von Verdi.
Erst streiken, dann verhandeln
Um die Dynamik der aktuellen Entwicklungen mitzunehmen, will die Gewerkschaft nicht viel Zeit verstreichen lassen und die Arbeitgeber, die sich in der Vergangenheit mit dem Thema nicht auseinandersetzen mussten, unter Druck setzen. "Der Zulauf ist so massiv, dass wir vor ersten Verhandlungen mit den Arbeitgebern erst einmal streiken werden," sagt eine Gewerkschaftsvertreterin im Gespräch mit Reise vor9. Und eine jüngst der Gewerkschaft beigetretene Reisebüromitarbeiterin, die ihren Namen nicht veröffentlicht wissen möchte, ergänzt: "Wir haben es satt, immer nur unter den Streiks anderer zu leiden. Jetzt legen wir selber los."
Arbeitgeber "überrascht"
Die DRV-Tarifgemeinschaft, die als Arbeitgeberverband die Interessen ihrer Mitglieder aus der deutschen Reisebüro- und Reiseveranstalter-Branche gegenüber Verdi vertritt, zeigt sich verblüfft. Mit ernsthaften Streikandrohungen sei man noch nie konfrontiert worden, heißt es auf Anfrage. Auf die Fragmentierung auf der Arbeitnehmerseite habe man sich stets verlassen können.
Nun also das: Verdi lässt über Streiks ab dem 15. April abstimmen, die sich über die gesamte Woche ziehen könnten. Geht es nach der Gewerkschaft, sitzen dann nur die Chefs und Chefinnen selbst in den Reisebüros. Im Online-Vertrieb könnte es ebenfalls zu erheblichen Engpässen kommen. Um Neubuchungen nach den Osterferien und die Bearbeitung möglicher Probleme bei bereits eingegangenen Buchungen stünde es damit schlecht. "Wir können zwar das Land nicht lahmlegen, aber für ein bisschen Sand im Getriebe reicht es allemal", versichert das neu hinzugekommene Verdi-Mitglied gegenüber Reise vor9.
Hilfe gegen Fachkräftemangel?
Langfristig könnte eine starke Arbeitnehmervertretung für die Arbeitgeber in der Touristik sogar nützlich sein, glaubt man in der Dienstleistungsgewerkschaft. Schließlich werde die Branche bei fairen Gehältern wieder attraktiver. Zunächst einmal stehen die Zeichen aber auf Streik. Eine Mehrheit der laut Verdi bundesweit rund 70.000 Touristik-Beschäftigten werde mitziehen, sagt die Gewerkschaft voraus. Eine Gefahr sieht die neu zur dazugestoßene Reisebüromitarbeiterin aber dennoch: "Wenn wir streiken und es keiner merkt, wäre das doof", merkt sie an.
Christian Schmicke