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10. August 2023 | 15:09 Uhr
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Klimawandel wird Reiseströme massiv beeinflussen

Die Häufung von Extremwetterereignissen und steigende Temperaturen in den Mittelmeerländern werden die Reiseströme beeinflussen, stellen Tourismusforscher Harald Zeiss und Reisebürochef Ralf Hieke im Reise vor9 Podcast fest. Unter anderem ist ein Trend zu kurzfristigeren Buchungen wahrscheinlich.

Waldbrand

Waldbrände erschüttern derzeit viele Teile der Erde

Das spanische Festland ächzt unter der nächsten Hitzewelle und Wassermangel, auf mehreren Inseln von Hawaii toben Waldbrände und die Feuer in Griechenland und Italien sind noch nicht vergessen: Obwohl bei Ereignissen dieser Art wie auch nach Anschlägen oder Terrorangriffen erfahrungsgemäß nur für einen überschaubaren Zeitraum eine Verschiebung der Reiseströme eintritt, werden die Auswirkungen des Klimawandels den Tourismus dauerhaft beeinflussen. Darin sind sich der Wissenschaftler Zeiss, der an der Hochschule Harz forscht und lehrt, und der Reisebüroinhaber Hieke einig.

Obwohl beide keinen Abgesang auf den Tourismus im Mittelmeerraum anstimmen wollen, rechnen sie damit, dass die fortschreitende Erwärmung dort Folgen hat. So könnten Kunden etwa dazu übergehen, Reisen erst dann zu buchen, wenn einigermaßen zuverlässige Prognosen zu den Witterungsbedingungen vor Ort möglich sind. Das bedeutet weniger Planungssicherheit für Veranstalter, Airlines und Unterkunftsanbieter.

Saisonale Verschiebungen

Zudem könnte es zu saisonalen Verschiebungen der Hauptreisezeiten führen, vermuten sowohl Zeiss als auch Hieke. Was jetzt in der Sparte Vor- und Nachsaison läuft, also Urlaub im Frühling und Herbst, könnte wichtiger werden, während die Sommerferien gerade für Ziele mit heißen Temperaturen an Bedeutung verlieren könnten. Ein limitierender Faktor für entsprechende Verschiebungen seien allerdings die Ferienzeiten, wissen beide Experten.

In Sachen Krisenmanagement ist die Branche nach zahlreichen Katastrophen gut gerüstet. Auch auf Rhodos sei die schnelle Evakuierung von mehr als 20.000 Urlaubern ein positives Beispiel für die Reaktionsfähigkeit des Sektors gewesen, lobt Hieke. Dagegen herrscht bei Maßnahmen, die wetterbedingte Katastrophen verhindern können, vielerorts noch Nachholbedarf.

Mehr Tempo erforderlich

Der Wandel hin zu einer nachhaltigen Klimapolitik muss schneller erfolgen, lautet eine der zentralen Erkenntnisse aus der weltweiten Häufung von Extremwetterereignissen. Zeiss betont, dass die aktuellen Entwicklungen lediglich seit vielen Jahren bestehende wissenschaftliche Analysen und Prognosen bestätigten.  

Die Politik müsse einen ordnungspolitischen Rahmen zur Reduzierung von Emissionen schaffen, ist Hieke überzeugt. Das könne nicht den Individuen aufgebürdet werden, die sich fragten, ob die geplante Flugreise in den Urlaub okay sei oder nicht. Diesen Ansatz hält auch Zeiss für richtig. Allerdings gebe die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung vor dem Hintergrund multipler Krisen Anlass zur Besorgnis, glauben beide. Sie erschwere auch bei der Bekämpfung des Klimawandels eine zielorientierte Politik.

Tatsächliche Kosten ausweisen

In der Tourismusbranche sei die Erkenntnis, dass sie ihre Emissionen massiv reduzieren müsse, angekommen, wissen die Experten. Nun gelte es, das Thema sowohl beim Transport als auch in den Destinationen, etwa in der Hotellerie, energisch voranzutreiben. Eine zentrale Voraussetzung dafür: Die tatsächlichen Kosten des Reisens müssen transparent gemacht werden. Am Ende müsste ein realistischer Preis stehen, der auch den CO2-Ausstoß, andere Umweltschäden und eine Verbesserung der Lebensbedingungen in den Destinationen einschließe.

In ihrer Einschätzung, wie wahrscheinlich ein Erfolg im Kampf gegen den Klimawandel ist, gehen die Einschätzungen von Zeiss und Hieke leicht auseinander. Während Hieke leicht zur optimistischen Seite der Skala tendiert, überwiegt bei Zeiss ein wenig die Skepsis. Einig sind sich beide indes in der Überzeugung, dass Resignation keine Lösung ist.

Christian Schmicke

Den Podcast mit Harald Zeiss und Ralf Hieke hören Sie hier: 

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