ITB plant Menschenrechtskodex für Partnerländer
Von 2022 an müssten alle Partnerland-Bewerber einen Code of Conduct der Messe Berlin unterzeichnen. Das bestätigte eine Sprechering der Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Popp gegenüber mehreren Medien. Der Kodex werde gerade im Detail ausgearbeitet.
Potenzielle Partnerländer der weltgrößten Tourismusmesse müssten dann zusichern, dass Reisende in ihrer Destination weder wegen ihres Geschlechts, ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung noch wegen ihrer Herkunft diskriminiert werden, so die Sprecherin. "Zusätzlich fordert die Messe Berlin eine detaillierte Strategie, wie die entsprechenden Antidiskriminierungsmaßnahmen im jeweiligen Land umgesetzt werden", sagte sie der Tageszeitung "taz", die zuerst darüber berichtet hatte.
Lehren aus schlechten Erfahrungen
Die ITB war vergangenes Jahr in die Kritik geraten, weil sie für das Partnerland Malaysia warb, obwohl der Premier Mahathir mehrfach gegen Juden ausfällig geworden war Malaysia sich noch Anfang 2018 geweigert hatte, israelische Sportler ins Land zu lassen. Im selben Jahr war eine Folterstrafe gegen zwei Frauen wegen lesbischer Aktivitäten verhängt worden. Sie erhielten vor 100 Schaulustigen je sechs Stockhiebe. Eine führende Tageszeitung veröffentlichte sogar eine Liste, mit deren Hilfe Bürger Schwule und Lesben erkennen sollen. Homosexuelle Männer gingen häufiger als andere in Fitness-Studios, trügen meist eng anliegende Markenkleidung und seien an gepflegten Bärten zu erkennen, hieß es dort.
Auf einer Pressekonferenz des Tourismusministers Datuk Mohammaddin bin Ketapi folgte dann der Eklat. Auf die Frage, ob es für Juden und Homosexuelle sicher sei, in das ITB-Partnerland zu reisen, erklärte er: "Dazu sage ich nichts." Als Journalisten weiter nachhakten, verstieg er sich zu der Aussage: "Ich glaube, wir haben so etwas nicht in unserem Land."
Regelung greift erst in drei Jahren
Für die Jahre 2020 und 2021 gelten die neuen Regeln der ITB noch nicht. Das könnte zu erneuten Auseinandersetzungen führen, denn mit dem Oman steht im nächsten Jahr erneut ein Land auf der Liste der Partnerländer, das Homosexualität unter Strafe stellt. 2021 folgt dann Sachsen. Von vielen Kommentatoren wird der Schritt der Messe Berlin ungeachtet der Fristsetzung begrüßt. Allerdings wird in Kommentaren auch nachgefragt, ob es ausreicht, wenn ausschließlich Reisende und nicht auch die Bewohner des Landes vor Diskriminierung geschützt sein müssen. Der Grund für die Halbherzigkeit ist wohl klar: Würde die ITB auf eine generelle Nicht-Diskriminierungs-Zusicherung bestehen, wäre die Liste der potenziellen Partner auf einmal erschreckend kurz.
Christian Schmicke