Diese Themen treiben Reisebüros am meisten um
Unregelmäßigkeiten bei Flugreisen machen Reisebüros weiterhin zu schaffen, wie eine aktuelle Reise-vor9-Umfrage zeigt. Doch auch die schwächelnde Konjunktur, geopolitische Krisen und der Fachkräftemangel sind für viele Büros ein Thema.
Zusätzliche Belastungen für den Counter durch kurzfristige Flugzeiten- und Abflugortsänderungen waren vor allem in den Jahren 2022 und 2023 ein Thema, das auch die große Öffentlichkeit erreichte. Mittlerweile ist es um das Thema ruhiger geworden. Doch aus der Welt ist es keineswegs. Das unterstreicht die aktuelle Reise-vor9-Umfrage, an der sich unter anderem knapp 200 Reisebüro-Beschäftigte beteiligten.
53 Prozent der befragten Reiseprofis packten das Thema Mehrarbeit durch Unregelmäßigkeiten bei Flugreisen auf die Liste der Topthemen, die sie derzeit besonders intensiv beschäftigen. Zum Vergleich: Mehrarbeit im Zuge der FTI-Pleite ist nur für 16 Prozent der Befragten ein größeres Thema.
Schlechter Service bei Airlines – und Veranstaltern
In Kommentaren brachten viele Reiseprofis zudem ihren Frust über den Service von Airlines – und auch Veranstaltern – zum Ausdruck. "NDC ist 'pain in the ...', nur Mehrarbeit, teurer beim Ticketing für Non-Iata-Büros beim Consolidator. Übertragung in Mid-Office nur per Hand anstatt durch Übernahme", schreibt ein Umfrageteilnehmer. Ein anderer beklagt einen "immer weiter zurückgehenden Service der Veranstalter und Fluggesellschaften zu Lasten der Kunden und folglich der Reisebüros". Dies betreffe Reiseunterlagen, den Check-in und weitere Themen. Das Erfragen von Filekeys beim Veranstalter, um bei der Fluggesellschaft für Kunden die Sitzplätze zu buchen, sei ebenfalls oft mühsam. Ohnehin funktionierten Sitzplatzreservierungen und Check-in oft nicht, so dass die Prozedur mehrfach wiederholt werden müsse.
Doch neben der Last der täglichen Arbeit machen auch andere Dinge den Reiseprofis zu schaffen. Dazu zählt für fast die Hälfte der Befragten die schwächelnde Konjunktur in Deutschland. „Die Mittelschicht bei Familien mit Kindern bricht immer mehr weg – dadurch fehlt wichtiger Umsatz“, steht in einem Kommentar. Auch andere Kommentatoren beklagen einen Rückgang der Kundenzahl. Dazu passt, dass fast 40 Prozent der Umfrageteilnehmer aus dem Vertrieb unsichere politische Perspektiven in Deutschland umtreiben. Rund 45 Prozent sind zudem besorgt wegen geopolitischer Krisen wie dem Ukraine-Krieg und dem Gaza-Konflikt.
Problemfall Check 24
Ein Thema, das rund ein Drittel der Befragten umtreibt, ist die zunehmende Macht großer technologiegetriebener Konzerne in der Touristik. Ausdrücklich findet dabei in mehreren Kommentaren Check 24 Erwähnung – verbunden mit der Befürchtung, dass das Portal künftig auch mit Kreuzfahrten Kasse machen will, aber auch der Forderung; Veranstalter und Reedereien müssten Cashback-Offerten und Bordguthaben auf Kosten der eigenen Marge entschlossener entgegentreten.
Zu wenig Ausbildung
Mehr als ein Drittel der Befragten ist indes auch angesichts des Fachkräftemangels alarmiert. Dabei treffe die Schuld nicht nur „die anderen“, sondern auch die Branche selbst, heißt es in Kommentaren. So schreibt die langjährige Reisebüroinhaberin und -managerin Brigitte Wirsig, die mittlerweile mit ihrer Reiseagentur Freisein – Time to Travel aktiv ist, ein Punkt sei ihr "Unverständnis darüber, dass viele Unternehmen nicht mehr ausbilden und den potentiellen neuen Fachkräften keine Anreize bieten, in der Touristik Fuß zu fassen". Dazu müssten "auch mal ungewöhnliche Wege gegangen und Geld in die Hand genommen werden", das am Ende aber eine gute Verzinsung biete. "Es ist doch eine Katastrophe, dass einige alteingesessene Kollegen Ihre Ladenbüros entweder ganz schließen oder mit reduzierter Personenzahl auf der Etage weiterarbeiten müssen", resümiert Wirsig.
Christian Schmicke