Bundesregierung soll FTI-Schuldenschnitt ablehnen
Der designierte Käufer der FTI Group, Certares, kann wohl nicht damit rechnen, dass der Bund dem Unternehmen die Rückzahlung der im Rahmen des Währungsstabilisierungsfonds ausgezahlten Kredite erlässt. Das will das Handelsblatt im Anschluss an eine Sitzung des Bundestag-Tourismusausschusses am Mittwoch erfahren haben.
Wie berichtet, hatte sich der Tourismusausschuss bei der Sitzung einen Bericht der Bundesregierung zu einer möglichen Bereitschaft, dem Reiseveranstalter FTI die Rückzahlung gewährter Hilfen aus dem staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu erlassen, eingefordert. Da die Sitzung nicht öffentlich war, wollte sich im Anschluss keiner der Teilnehmer mit Inhalten daraus zitieren lassen. Wie das Handelsblatt berichtet, hatte das Bundesfinanzministerium den Abgeordneten vor Sitzungsbeginn jedoch in einem Bericht mitgeteilt, dass es nicht beabsichtige, die Rückzahlung der Stabilisierungsmaßnahmen zu erlassen. Damit falle der Schuldenschnitt aus, falls sich die Berichte bestätigten, zitiert das Blatt Anja Karliczek, die tourismuspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
In der Branche war seit Wochen kolportiert worden, dass sich Certares im Rahmen der geplanten Übernehme um einen Schuldenschnitt für das derzeit noch mehrheitlich in der Hand der ägyptischen Hotelentwicklungs- und Investorenfamilie Sawiris FTI Group bemüht hatte. Allerdings hatten die meisten Marktbeobachter, mit denen Reise vor9 über das Thema sprach, skeptisch geäußert, dass es zu einem solchen Deal kommen könnte.
Für einen Schuldenerlass sprach ohnehin eher wenig
Denn selbst wenn der Deal formaljuristisch in Berlin und Brüssel abgesegnet worden wäre, hätte er mit hoher Wahrscheinlichkeit andere Akteure auf den Plan gerufen, die ebenfalls Mittel aus dem WSF erhalten hatten. So haben etwa TUI und Lufthansa die Staatsgelder inklusive Zinsen bereits zurückgezahlt. Nicht unbegründet würden sie wohl argumentieren, dass ein Schuldenerlass für einen einzelnen Player einer Wettbewerbsverzerrung gleichkäme.
Das Bundesfinanzministerium befinde sich aktuell in Gesprächen mit FTI und Certares zum Umgang WSF-Hilfen, berichtet das Handelsblatt weiter. Erwogen werde wohl auch ein Verkauf der Forderungen zum Marktpreis, dabei seien "Verluste des Bundes nicht auszuschließen". Der WSF würde in diesem Fall wie eine Bank agieren, die auch Darlehen und die damit verbundenen Forderungen an Dritte verkaufen, um ihre Bilanz aufzubessern.
Offen bleibt, wie der Investor, der die FTI Group, wie zuvor schon einmal Firmengründer Dietmar Gunz, für einen symbolischen Euro erwarb, mit der Schuldenlast umgehen will. Certares hatte angekündigt, 125 Millionen Euro investieren zu wollen. Doch allein die Schulden aus dem WSF-Darlehen belaufen sich auf rund 600 Millionen Euro. Unklar ist auch, welche Rolle FTI innerhalb des weit verzweigten touristischen Beteiligungsgeflechts von Certares spielen soll. Das Unternehmen hat unter anderem in Amex GBT, Ama Waterways, G Adventures, Hertz, mehreren Hotelgruppen und Latam Airlines investiert.
Christian Schmicke