"Insta" ist die neue Postkarte
Mehr als 60 Prozent der Social-Media-Nutzer, die an einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom teilnahmen, haben im Urlaub schon einmal extra ein Ausflugsziel gewählt, um Fotos oder Videos davon in sozialen Netzwerken zu posten.
Viele Menschen fahren nicht zuletzt in den Urlaub, um vor anderen damit anzugeben. Das ist keineswegs ein neues Phänomen, sondern eines, das sich spätestens seit der "Demokratisierung" des Reisens in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts durchzieht. "Demonstrativer Luxuskonsum" lautete eines der Schlagworte. Nur waren die Möglichkeiten zur Demonstration bis zur Jahrtausendwende noch begrenzt. Da gab es die Postkarte und für richtige Angeber vielleicht noch Reisesouvenirs oder -trophäen.
Selfie-Boom
Heute laufen viele Dinge mit einem Klick: das Selfie vor dem Eiffelturm, der Strandtag in der einsamen Bucht, Sangria in der Sonne. Zwei Drittel (65%) der Social Media nutzenden Urlauber teilen laut Bitkom mehr Bilder oder Videos aus ihrem Urlaub als aus ihrem Alltag. 62 Prozent haben im Urlaub schon einmal extra ein Ausflugsziel gewählt, um Fotos oder Videos davon in sozialen Netzwerken zu posten. Unter den 16- bis 29-Jährigen sind es sogar fast drei Viertel. Das sind laut Bitkom Ergebnisse einer Befragung unter 1.005 Personen in Deutschland ab 16 Jahren, darunter 695 Personen, die Social Media nutzen und generell Urlaubsreisen machen.
Grenzüberschreitung inklusive
Für möglichst viele Likes wird dabei offenbar einiges in Kauf genommen: Insgesamt ein Viertel (26%) ignoriert auch Absperrungen und Verbote, um besondere Aufnahmen für die sozialen Netzwerke zu machen. Nur etwas weniger (22%) haben sich nach eigener Einschätzung sogar schon einmal in Gefahr gebracht, um Fotos oder Videos vom Urlaub für Social Media zu machen.
Auch im Nachhinein werde gerne ein bisschen nachgeholfen für das perfekte Foto, so Bitkom: 28 Prozent der Social-Media- Nutzer, die Urlaub machen, geben demnach an, ihre Urlaubsfotos in der Regel zu bearbeiten, zum Beispiel mit Filtern, bevor sie sie in sozialen Netzwerken posten. Auch hier liegen die Jüngsten vorne: In der Altersgruppe zwischen 16 und 29 Jahren macht dies mehr als ein Drittel. Insgesamt 17 Prozent haben sogar schon einmal ein Urlaubsfoto gefälscht, zum Beispiel indem sie sich vor einen anderen Hintergrund montiert haben – unter den Jüngsten zwischen 16 und 29 ist es sogar fast jeder Vierte.
Positives Echo
Ob hundertprozentig authentisch oder nicht, ob selbst verreist oder nicht, generell kommen Urlaubsaufnahmen bei den allermeisten gut an, urteilt der Digitalverband. Insgesamt 73 Prozent der Social-Media-Nutzer freuten sich, durch Urlaubsbilder oder Videos anderer in sozialen Netzwerken an deren Reisen teilhaben zu können. Indes fühlten sich auch 23 Prozent oft mit ihrem Leben unzufrieden, wenn sie Urlaubsbilder beziehungsweise Videos von Freunden, Familie oder Kollegen in sozialen Netzwerken sähen.
Christian Schmicke