Bodo Janssen oder der Chef, der sich selbst in Frage stellt
Er zählt zu Deutschlands berühmtesten Hoteliers und schafft es mit seinen Büchern über die neue Arbeitswelt regelmäßig auf die Bestseller-Listen. Die Themen dazu findet er immer wieder in seinen eigenen Upstalsboom-Hotels. Sein Unternehmen hat er längst radikal umgekrempelt, heute zählt "Upstalsboom" zu den beliebtesten Arbeitgebern des Landes. Ein Gespräch mit Bodo Janssen (Foto).
Herr Janssen, sind Sie eigentlich der bessere Unternehmer oder der bessere Autor?
Bodo Janssen: Da müssten wir die Leser und die Mitarbeiter fragen. Ich glaube, dass das Unternehmen mir überhaupt erst das Autorendasein möglich macht. Ich habe den Mitarbeitern mal gesagt, "Leute, mir ist das ganz schön anstrengend hier im Unternehmen, und wenn das weiter so anstrengend bleibt, dann mache ich irgendwann nur noch Bücher und Seminare." Dann guckten sie mich verschmitzt an und sagten: "Bodo, ohne uns hättest du gar nichts zu erzählen."
Aber einmal ganz praktisch gefragt, wie verteilen Sie denn ihre Arbeitszeit auf die beiden Disziplinen?
Also das Schreiben läuft nebenbei, das läuft morgens. Ich stehe um vier Uhr auf und gehe dann in die Stille. Meine Bücher entstehen im Grunde genommen in einem Rhythmus, ich schreibe dann mindestens eine Stunde pro Tag. Und das sammelt sich dann. Also, das ist jetzt für mich kein besonderer Aufwand. Die Produktionszeit für so ein Buch, ich schreibe knapp zwei Bücher pro Jahr, liegt eigentlich so zwischen eineinhalb und drei Monaten. Mein Vorteil ist, ich muss nicht extra recherchieren und brauche auch keine Fußnoten. Ich mache ja nichts anderes, als über das zu schreiben, was ich selbst erlebe.
Womit verdient man denn mehr Geld? Als Hotelier oder Bestseller-Autor?
Mit den Büchern sicher nicht. Aber die Dinge, die sich daraus entwickeln, wie das Seminargeschäft und die Vorträge, diese Aktivitäten haben wir in der Upstalsboom Wegbegleiter GmbH gebündelt und sie tragen inzwischen maßgeblich zum Unternehmenserfolg der Gruppe bei.
In ihren Büchern schreiben sie über die richtige Führungskultur und eine bessere Arbeitswelt. In ihrem Unternehmen versuchen sie vieles davon anzuwenden. Worauf sind Sie besonders stolz, was Sie in Ihrem Unternehmen zum Besseren geändert haben?
Ich bin zunächst stolz, dass ich an dem Glauben festhalte, dass die Wirtschaft dem Menschen dient und nicht umgekehrt. Und auf die geringe Krankheitsquote bei uns im Unternehmen, sie liegt bei etwa zwei Prozent. Weil das Ausdruck dessen ist, worum es mir geht. Psychisches, physisches und soziales Wohlbefinden.
Sie verwenden den Begriff des sinnorientierten Arbeitens als die Grundlage für Mitarbeiter-Zufriedenheit. Funktioniert das auch beim Zimmer reinigen oder in der Spülküche?
Ja, es gibt bei uns das Zimmermädchen, was für sich sehr klar den Sinn darin erkennt, dieses Zimmer bestmöglich und schnell zu machen. Weil sie weiß, dass wir mit unseren Überschüssen auch soziale Projekte fördern und sie mit ihrer Arbeit einen konkreten Beitrag dazu leistet. Aber es gibt auch das Zimmermädchen, das noch nicht diese Erfahrung gemacht hat. Und für sie bedeutet das dann gute Arbeit für gutes Geld. Und auch das ist vollkommen in Ordnung
Lassen Sie uns über Ihr Kerngeschäft, die Hotellerie, sprechen. Wo stehen Sie da, Ende 2023 mit Ihren zehn Upstalsboom-Hotels?
Wir haben das Vor-Corona-Niveau noch nicht erreicht. Wir hatten in der Summe ein anspruchsvolles Jahr. Ja, wir konnten die Raten und den Umsatz steigern. Aber nicht in dem Maße, wie auch die Kosten gestiegen sind. Unterm Strich hat sich der Gewinn verringert.
Was planen Sie für die Zukunft?
Wir differenzieren zwischen quantitativen und qualitativen Wachstum. Wir stellen die gesamte Finanzierungsstruktur unseres Unternehmens um, von Projektfinanzierung auf Unternehmensfinanzierung, weil wir noch ein großes Potenzial sehen, was wir in den nächsten Jahren heben möchten. Einmal substanziell, dass wir Hotels, die wir derzeit pachten oder managen, in unser Eigentum überführen möchten. Und dann, dass wir Bestandsobjekte qualitativ verdichten.
Zum Beispiel?
Etwa indem wir jetzt ein Hotel unter Denkmalschutzbedingungen sanieren und in den optischen Ursprungszustand von 1907 zurückversetzen. Oder in Emden planen wir an unserem bestehenden Firmensitz eine Erweiterung. Wir haben dort vor zwei Jahren ein zweites Hotel gekauft und möchten nun eine Kombination finden aus Stadthotel, Seminar-Hotel und Boutique-Hotel und einem Co-Working-Space. Und in Varel planen wir den Abriss unseres bestehenden Hotels und einen Neubau an gleicher Stelle
Wie konkret sind diese Pläne?
Wir befinden uns hier in der Planungs- und Genehmigungsphase. Wir möchten auf 30.000 Quadratmetern das Natur-Resort Friesland entwickeln, mit Baumhäusern, einem Outdoor-Wellness-Bereich, alles rein biologisch, Glamping und ganz geringer Versieglung. Im zweiten Quartal 2025 möchten wir mit dem Bau beginnen. Die Bettenkapazität steigt dann von heute rund 200 auf dann 380 Betten.
Noch einmal zurück zu Ihrer Autorentätigkeit. Gerade ist Ihr neues Buch „Das neue Führen erschienen“. Welches Thema wird das nächste Buch haben und wann soll es erscheinen?
Ich schreibe im Moment ohne einen spezifischen Fokus und nicht auf Termin. Es sind Themen wie Demut, Geduld und Gelassenheit, die mich gerade interessieren, weil mir das momentan sehr häufig begegnet. Ob dann auch ein Buch mit diesem Titel im nächsten Frühjahr rauskommt, das weiß ich noch nicht. Gerade habe ich entschieden, dass ich mir etwas mehr Zeit lassen möchte. Es ist vielleicht gut, mal ein halbes Jahr Pause zu machen. Das habe ich während meiner letzten Zeit im Kloster gelernt. Es braucht Pausen! Das vergessen wir alle.
Das Unternehmen: Als Eigentümer und Betreiber von zehn Hotels an der Nord- und Ostsee sowie Betreiber von rund 60 Hotels und Ferienwohnanlagen ist die Upstalsboom Hotel + Freizeit GmbH & Co. KG einer der führenden Ferienanbieter an der Nord- und Ostsee. Vor wenigen Wochen hat Upstalsboom zudem den eigenen Reiseveranstalter „Uptour“ gestartet.
Zur Person: Bodo Janssen (Jahrgang 1974), studierte BWL und Sinologie und stieg im Anschluss ins elterliche Hotelunternehmen ein. Als sein Vater bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, übernahm er die Führung der Hotelkette. Nachdem er bei einer Mitarbeiterbefragung vernichtende Ergebnisse erhalten hatte, beschloss er, für eineinhalb Jahre ins Kloster zu gehen. Anschließend leitete Bodo Janssen in seinem Unternehmen einen Paradigmenwechsel ein, mit dem Ziel, eine authentische Unternehmenskultur zu entwickeln, in der jeder Mitarbeiter im Unternehmen das leben kann, was ihm als Mensch wichtig ist. Janssen wurde zum Buchautor und landet mit seinen Werken regelmäßig in den Bestseller-Listen und ist gern gesehener Gast in TV-Talkshows. Gerade neu erschienen ist sein Titel "Das neue Führen", Verlag Ariston.
Das Gespräch führte Pascal Brückmann