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29. September 2021 | 07:00 Uhr
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Wie Club Med die Deutschen und Reisebüros gewinnen will

Der größte Club-Anbieter der Welt lief in Deutschland jahrelang unter dem Radar. Das will Deutschland-Chefin Nathalie Rohmer (Foto) ändern. Wie sich Club Med zum Premium-Anbieter gewandelt hat und wie sie deutsche Urlauber und den Reisevertrieb von den Fokus-Resorts überzeugen will, erzählt sie Reise vor9 im exklusiven Interview.

Rohmer Nathalie Geschäftsleitung Club Med Deutschland Foto Club Med

Nathalie Rohmer leitet seit einem Jahr die Geschäfte von Club Med Deutschland

Wie wichtig ist der deutsche Quellmarkt für Club Med?

Deutschland ist für uns sehr wichtig und wir wollen den Quellmarkt weiter ausbauen. Unser Ziel ist es, Club Med auch in Deutschland als Premiumanbieter für All-inclusive-Urlaub zu positionieren. Das haben wir noch nicht erreicht, sind aber auf einem guten Weg. Wir versuchen die Erwartungen der Gäste besser zu verstehen und zu erfüllen. Club Med-Urlaub bedeutet Abenteuer und Abwechslung, Entspannung und Achtsamkeit plus Kulinarik, Design und Luxus, was wir in unserem neuen Travel- und Lifestyle-Konzept Zenventure zusammengefasst haben. Zenventure haben wir auf Basis einer deutschlandweiten Studie entwickelt, es richtet sich nach den heutigen Bedürfnissen deutscher Urlauber. Das Flagship von Zenventure ist unser neues Resort auf den Seychellen. 

Wie viele deutsche Kunden hatten Sie vor der Pandemie und was ist Ihr Ziel?

Zahlen zu einzelnen Märkten veröffentlichen wir nicht. Wir haben aber große Ambitionen in Deutschland und wollen hierzulande unseren Umsatz von 2019 bis 2025 verdoppeln.

Welche Rolle spielen Reisebüros in Ihrem Vertriebsmix in Deutschland?

Reisebüros spielen eine große Rolle und sind für uns strategische Partner. 2019 haben die stationären Reisebüros in unserem Vertriebsmix 53 Prozent ausgemacht. Und wir gehen auch den Restart gemeinsam mit den Reisebüros an. Wir sehen darin eine Win-Win-Situation. Der Vertrieb bekommt ein Produkt, das sich gut verkaufen lässt. Die Gäste sind zufrieden und kommen wieder.

Woher kommen die anderen Buchungen?

Ein Großteil der Gäste lässt sich von unseren Travel Experience Designern im Callcenter ihre individuelle Reise zusammenstellen. Viele buchen auch auf unserer Website.

Und die Reiseportale?

Die spielen in unserer Vertriebsstrategie keine große Rolle.

Wie viele deutsche Reisebüros verkaufen aktiv Club Med?

Wir sind da sehr breit aufgestellt. Annähernd jedes Reisebüro in Deutschland kann Club Med buchen. Wir haben natürlich Key-Partner, das sind etwa 200 stationäre und Online-Reisebüros. Auch mobile Reiseverkäufer haben wir im Auge. Das sind einfach gute Verkäufer und oft Spezialisten, die Club Med bei ihren Kunden entsprechend platzieren können. Unsere Kooperation mit Dertour hilft uns, Club Med stärker im Luxussegment zu positionieren. Im deutschen Markt setzen wir den Schwerpunkt auf unsere Longhaul-Resorts in der Dominikanischen Republik, auf den Seychellen und den Malediven. Im Mai nächsten Jahres eröffnet unser Resort in Marbella. Auch unser Club Med Resort in Andalusien wird ein Fokus-Produkt für Deutschland und dürfte hier viele Fans finden.

Wie sehen Ihre Konditionen für die Reisebüros aus?

Wir starten bei den marktüblichen zehn Prozent Provision. Je nach Umsatz und Anteil der Fokus-Resorts geht es dann aufwärts.

Über welche Kanäle buchen deutsche Expedienten?

Wir sind über Toma buchbar, aber die meisten Reisebüros buchen direkt über unser Servicecenter. Die Kollegen dort sind telefonisch gut erreichbar, kennen sich bestens aus und geben den Expedienten Tipps und Hinweise für die Beratung. Wir launchen gerade ein neues Online-Buchungs-Tool, den Club Med Travel Agent. Dort finden Reisebüros alle Informationen, die sie brauchen. Auf einem Dashboard können die Büros ihre Umsätze verfolgen. Außerdem gibt es Weiterbildung auf dieser Plattform. In Zukunft werden dort auch Pep-Angebote zu finden sein. Dazu kommt Marketingmaterial, bei dem sich Reisebüros bedienen können, zum Beispiel für Social-Media-Posts.

Auf Ihrer Website verkaufen Sie alle Resorts mit eigener Anreise. Gibt es Club-Med-Urlaub nicht als Pauschalreise mit Flug?

Doch, Reisebüros können beides verkaufen, entweder als Rundum-Sorglos-Paket mit Flug oder nur den Aufenthalt. Wir haben aber keine eigenen Charterflüge. Die Flüge, die wir anbieten, sind von Prio-Partnern oder aus den gängigen Systemen. Wenn Reisebüros ein Paket buchen, sind wir juristisch Reiseveranstalter mit der Gesamthaftung, bei Hotel-only nicht. Bei den Pauschalreisen gibt es zudem die Provision auf den Gesamtpreis inklusive Flug.

Wie machen Sie deutsche Reisebüros fit für Club Med?

Wir unternehmen hier eine ganze Menge. Es gibt Webinare und Inforeisen in die Fokus-Destinationen für den deutschen Markt. Wir schicken auch Expedienten mit ihren Familien einzeln zum Beispiel auf die Seychellen. Dort können sie unser Produkt eine Woche lang testen und ihre Erfahrungen auf Social-Media teilen. Der Aufenthalt ist für die Reiseverkäufer und ihre Familien kostenlos, für die Flüge gibt es vergünstigte Preise. Wir wollen, dass die Expedienten in die Haut des Kunden schlüpfen und Club Med als Familie erleben. Dann können sie unsere Urlaubsart besser verkaufen. Wer das probieren will, kann einfach unseren Außendienst ansprechen.

Club Med Seychelles Foto Club Med.jpg

Der Club Med auf den Seychellen hat erst in diesem Jahr eröffnet und zählt zu den Fokus-Resorts, auf die sich Nathalie Rohmer in Deutschland konzentrieren will

In früheren Jahren gab es große Unterschiede zwischen den Resorts, was Zimmer und Service angeht. Wie ist das heute?

Das ist lange vorbei. 90 Prozent der Resorts sind vier und fünf Sterne. Unser neues Resort auf den Seychellen zum Beispiel hat fünf Sterne. Wir eröffnen übrigens bis 2023 trotz Krise 16 neue Resorts. Und es gibt viele Renovierungen verbunden mit Upgrades.

Wie hoch ist der Anteil französischer Gäste bei Club Med?

Unser Gäste-Mix hat sich durch unsere Strategie zur Internationalisierung stark verändert. 2019 lag die Zahl der französischen Gäste unter 40 Prozent. Diese Entwicklung zeigt sich auch beim Team. Unsere weltweit 15.000 Mitarbeiter stammen aus über 100 Ländern. Ich bin auch ein gutes Beispiel für die Internationalität bei Club Med. Ich bin mit vier Kulturen aufgewachsen, in Straßburg geboren, wegen der Nähe zu Deutschland zweisprachig aufgewachsen und meine Familie hat italienische und portugiesische Wurzeln.

In den Resorts wird vor allem französisch gesprochen, oder?

Das trifft eigentlich nur noch für die Resorts in Frankreich zu, wobei auch nicht mehr für die Alpen-Resorts. Dort hatten wir in den letzten Jahren 70 Prozent internationale Gäste. Weltweit wird in den Resorts heute vorwiegend Englisch gesprochen. Wir rekrutieren aber auch zunehmend deutschsprachige Mitarbeiter in unseren Fokus-Resorts für den deutschen Markt, vor allem für die Rezeption, die Gäste- und Kinderbetreuung.

Wegen der Pandemie gibt es weltweit immer noch viele Reisebeschränkungen. Wie viele von Ihren Resorts sind offen?

Wir haben in diesem Sommer 40 von unseren 63 Resorts geöffnet. Letztes Jahr war es nur ein Drittel. Geschlossen sind unsere Anlagen nur dort, wo man nicht einreisen darf oder es große Reisebeschränkungen gibt, zum Beispiel in Südostasien. Wir sind mit dem Betrieb der offenen Resorts sehr zufrieden. Wegen der Pandemie haben wir die Auslastung auf 80 Prozent begrenzt und diese Kapazität auch erreicht.

Reisebüros spüren eine große Verunsicherung bei den Kunden, auch wegen der Storno-Bedingungen. Wie sehen die aktuell bei Club Med aus?

Wir haben unsere Bedingungen angepasst und reagieren sehr kulant. Wenn jemand zum Beispiel kurz vor seiner Abreise positiv getestet wird, kann er kostenlos stornieren. Vor Ort greift im Ernstfall unser Versicherungsschutz für medizinische Hilfe, der im Reisepreis eingeschlossen ist.

Thema Nachhaltigkeit: Bis Ende des Jahres wollen Sie Einwegplastik komplett aus Ihren Resorts verbannen. Wie weit sind Sie?

Wir haben schon 2018 mit diesem Programm begonnen und beziehen unsere Gäste mit ein. Einwegplastik ersetzen wir in allen Resorts weltweit, zum Beispiel durch wieder verwendbare Glasflaschen und Wasserstationen zum Auffüllen. Wir versuchen aber auch, den Wasserverbrauch zu senken, Food-Waste zu reduzieren und regional einzukaufen. Alle unsere Resorts sind Green Globe zertifiziert und werden zweimal im Jahr überprüft. Wir möchten zum Umdenken anregen. Die Uniformen unserer Mitarbeiter sind komplett aus recyceltem Material und sehen trotzdem edel aus. Gäste finden die Shirts toll und kaufen sie in unseren Shops.

Wie viele Resorts haben Sie schon besucht?

Ich arbeite seit 2016 für Club Med und kenne mittlerweile über 20 Resorts persönlich.

Was ist Ihr Lieblings-Resort?

Mein absolutes Lieblingsresort ist das Michès Playa Esmeralda in der Dominikanischen Republik. Das ist die perfekte Mischung aus Luxus, Gaumenfreude und Geselligkeit. Vier Welten in einem Resort. Zwei Zonen Adults-only, eine mit großem Wellnessbereich und Palmengarten und eine mit Luxusvillen und privaten Pools. Dann gibt es zwei Bereiche für Familien, einen für Eltern mit kleinen Kindern in der Nähe des Kids Clubs und einen eher für Jugendliche im Zentrum der Anlage, wo mehr Action ist.

Rohmer Nathalie Club Med Deutschland Chefin Playa Esmeralda Quadrat Foto Club Med

Nathalie Rohmer ist seit dem 1. August 2020 Geschäftsleiterin von Club Med in Deutschland. Sie verantwortet die Bereiche Sales & Marketing, Mice und Finanzen und sitzt mit ihrem Team in Frankfurt. Rohmer ist in Straßburg geboren und in einem multikulturellen Umfeld zwischen Frankreich, Deutschland, Italien und Portugal aufgewachsen. Sie betrachtet Deutsch und Französisch als ihre Muttersprachen. Rohmer begann ihre Karriere mit einer Ausbildung in einem TUI-Reisebüro und arbeitet später als Business-Coach. 2016 wechselte sie als Sales Manager für die Schweiz zu Club Med, bevor sie vergangenes Jahr zur Deutschland-Chefin aufstieg.

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