Was Live-Schulungen in den Destinationen bringen
Mit rund 300 Expedienten und knapp 50 touristischen Partnern ist die Dertour Group derzeit an der portugiesischen Algarve unterwegs. Reise vor9 sprach mit den Vertriebschefs Uta Martens (r.) und Nils Casmir (M.) sowie Produktdirektor Nils Lübbe (l.) darüber, ob sich der Aufwand lohnt.
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Die Veranstaltung hat Tradition. 1974, also vor 50 Jahren, fand der Vorläufer der heute unter dem Label Campus Academy firmierenden Schulungsveranstaltung erstmals statt. Veranstaltungsort der "Dertour Reiseakademie" war damals Zürich. In diesen Tagen steigt das Event erstmals in Portugal. Vergangene Woche gingen die rund 300 Reiseverkäufer auf Vortour. In 20 Gruppen bereisten sie verschiedene Regionen auf dem Festland, Madeira oder die Azoren. Aktuell, vom 11. bis zum 13. November, steigt die Hauptveranstaltung in Albufeira an der Algarve – mit Schulungen, Vertriebsnews, Workshops und Round-Table-Gesprächen.
Ein beachtlicher Aufwand, auch wenn die teilnehmenden Partner und nicht zuletzt die Destination, in der die Veranstaltung stattfindet, zur Finanzierung natürlich zur Kasse gebeten werden. Ein eigenes zehnköpfiges Campus-Team ist bis zu zwei Jahre mit der Vorbereitung beschäftigt. Zugleich konkurriert die Veranstaltung mit zahlreichen anderen Events – von Ketten- und Kooperationstagungen über die Party- und Schulungsofferten der Konkurrenz und Roadshows bis hin zu Webinaren. Vor allem letztere sind im Zuge der Corona-Pandemie deutlich zahlreicher geworden.
Starke Nachfrage
Ergibt eine groß dimensionierte Schulungsveranstaltung vor Ort vor diesem Hintergrund noch Sinn – zumal angesichts des ausgeprägten Fachkräftemangels, der die Personaldecke in vielen Reisebüros erheblich ausgedünnt hat und schon im "Normalbetrieb" häufig zu Engpässen führt? Heute mehr denn je, antworten Martens und Casmir auf die Frage schnell und übereinstimmend. Die Veranstaltung sei "in Nullkommanix" ausgebucht und sogar überbucht gewesen, berichtet Casmir und stellt klar: "Der Bedarf ist da."
Dabei ist das Anmeldeverfahren für die größte Schulungsmaßnahme der Dertour Group keineswegs ein Selbstläufer. Neben den erreichten Umsätzen müssen sich die Agenturen über die Absolvierung sogenannter "Campus-Wissensbausteine" qualifizieren, die aus einer Mischung aus E-Learnigs, Webinaren und Seminaren vor Ort bestehen.
Investition zahlt sich aus
Wirtschaftlich zahle sich die Investition definitiv aus, unterstreicht Martens. Die frühere Amadeus-Managerin, die bei der Dertour Group den Vertrieb, den Kundenservice und das Prozessmanagement verantwortet, ist in diesem Jahr zum zweiten Mal live dabei. Bei ihrer "Premiere" im vergangenen Jahr fand die Veranstaltung in Dubai statt. Dort habe sich Dertour seither zum Marktführer gemausert, sagt sie. Idealerweise soll das im kommenden Jahr auch in Portugal der Fall sein, wo Dertour laut Nils Lübbe, dem Produktchef für das westliche Mittelmeer, heute zu den Top 3 aus dem deutschen Quellmarkt zählt.
In Sachen Erfolgskontrolle lässt es Dertour indes nicht bei der allgemeinen Analyse der Entwicklung der Umsätze mit der austragenden Destination in der Folgezeit bewenden. Auch bei den teilnehmenden Agenturen werde die Umsatzentwicklung nach einigen Monaten analysiert. "In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Büros, die bei der Campus Academy dabei waren, überdurchschnittlich performt haben", sagt Casmir. Das gelte sowohl für die Umsatzentwicklung mit der entsprechenden Destination als auch für die Umsatzentwicklung bei den Dertour-Veranstaltern insgesamt. Die Bindung zwischen Veranstalter und Reisebüro wachse dadurch, so der Vertriebsmanager – ungeachtet der Tatsache, dass zwei Drittel der Teilnehmer nicht Reisebüroinhaber oder Büroleiter, sondern Expedienten seien.
Engere Verbindung zum Zielgebiet
Die Wirkung der Campus Academy sei aber auch auf einer anderen Ebene wichtig, unterstreicht Produktchef Lübbe. So verdeutliche sie der austragenden Destination, dass es Dertour als großer Player mit der Intensivierung der Zusammenarbeit ernst meine. So würden die Fremdenverkehrsämter von Portugal, der Algarve und anderen portugiesischen Regionen frühzeitig in die Planungen eingebunden. Ebenso die Hotellerie und weitere Partner. Dabei helfe die Veranstaltung dem Zielgebiet nicht nur bei Dertour, sondern vergrößere die Aufmerksamkeit branchenweit. Schließlich sei ihm klar, dass die teilnehmenden Reisebüros ihre Umsätze auch bei anderen Playern platzierten, sagt Lübbe.
Last but not least spricht noch ein weiterer Aspekt für Veranstaltungen vor Ort: Sie können gerade angesichts des Fachkräftemangels dazu beitragen, dass die Faszination für die Touristik, die in den vergangenen Jahren arg gelitten hat, bei den Reisebüros erhalten bleibt. So gesehen lohnt sich die Investition in persönliche Erlebnisse in den touristischen Zielen nicht nur für Destination und Veranstalter, sondern auch für die Reisebüros selbst.
Christian Schmicke