Was der neue Investor Attestor mit Condor vorhat
Nach der Übernahme der Condor-Mehrheit durch den britischen Finanzinvestor Attestor blickt die Branche gespannt auf dessen Pläne. Die Beteiligten sind indes bemüht, hervorzuheben, dass es sich um ein langfristiges Engagement handeln soll.
Günstig einsteigen, aufpolieren und dann wieder verkaufen, um mit dem Erlös anderswo zuzuschlagen – das ist leicht verkürzt die Grundstrategie, die branchenfremden Finanzinvestoren nachgesagt wird. Die Airline-Sparte weist gerade einige Merkmale auf, die in eine solche Strategie gut passen würden. Nach der langen, coronabedingten Durststrecke des Sektors sind die Fluggesellschaften weit vom Wert früherer Tage entfernt. Wenn ihre Flotten Modernisierungsbedarf aufweisen, ist die Gelegenheit gerade jetzt günstig. Denn die Flugzeugbauer sitzen auf vielen geplatzten oder in die Länge gezogenen Aufträgen.
Der Condor-Käufer Attestor wird in einer Mitteilung als "inhabergeführter, langfristig orientierter Vermögensverwalter" bezeichnet, der sich "auf Investments in Turnaround-Situationen spezialisiert" habe. Nach Informationen des Luftfahrtportals "Aerotelegraph" wird das Finanzunternehmen "in der Branche aber auch oft als Hedge Fund" bezeichnet, auch das Wort "Geierfonds" falle bisweilen. Immer wieder sei Attestor "durch Investitionen in hoch verschuldete Firmen aufgefallen", schreibt das Portal weiter.
Dauer der Coronakrise verschärft Finanzbedarf
In diese Sparte passt Condor in der Tat. Nachdem sich die Coronakrise länger hinzog als erwartet, musste zusätzlich zu früheren staatlichen Finanzspritzen frisches Geld her. Und so seien es am Ende auch der deutsche Staat und das Bundesland Hessen gewesen, die die Entscheidung über den neuen Investor gefällt hätten, meldet „Aerotelegraph“ unter Berufung auf Condor-Finanzchef Christoph Debus. Beide haften schließlich für den 550-Millionen-Euro-Kredit, den Condor im April 2020 erhalten hat.
Trotz des bevorstehenden Kapitalzuflusses bleibe der Staat, der für Hilfsdarlehen der staatlichen KfW-Bank Garantien gab, bei Condor "vorerst involviert", meldet die "FAZ", ebenfalls unter Berufung auf Debus. Bund und das Land engagierten sich weiter, das KfW-Darlehen werde "strukturiert und angepasst". Wie groß die Kreditsumme ausfällt, lässt er offen. Das hänge auch vom Ausgang der Beihilfegenehmigung durch die EU-Kommission ab.
Selbst die sonst so streitlustige Pilotengewerkschaft Cockpit zeigt sich von dem Deal begeistert. "Wir freuen uns, dass die Zukunft der Condor durch das Investment von Attestor langfristig gesichert wird und die beliebte Marke Condor erhalten bleibt. Das Bekenntnis zum Erhalt der Arbeitsplätze und zur Modernisierung der Flotte zeigt das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des Traditionsunternehmens", sagt Leila Belaasri, Vorständin Presse und Öffentlichkeitsarbeit der Vereinigung Cockpit. "Die Beschäftigten haben gezeigt, dass sie hinter ihrer Condor stehen und haben in dieser Krise gemeinsam mit der Unternehmensführung einen großen Beitrag geleistet."
Attestor verfolgt Drei-Stufen-Plan
Laut "FAZ" will Investor Attestor bei Condor einen dreistufigen Plan vorantreiben. Zuerst solle wieder Normalbetrieb erreicht werden, anschließend sei die Erneuerung der veralteten Langstreckenflotte geplant. Die in die Jahre gekommene Flotte hatte der frühere Gesellschafter Thomas Cook mangels Finanzkraft nicht auf der Höhe der Zeit halten können.
Den vorhandenen Erneuerungsbedarf sieht Attestor-Gesellschafter Friedrich Andreae laut dem Blatt keineswegs als Nachteil. "Im Augenblick sind die Preise für Flugzeuge sehr niedrig", wird er zitiert. Neben den 250 Millionen Euro Eigenkapital, die Attestor für das Verjüngungsprogramm beisteuere, solle Fremdkapital aufgetrieben werden. Bis zu einer Milliarde Euro solle für den Austausch der Langstreckenflotte zusammenkommen.
"Sehr wettbewerbsfähige Kostenposition"
Auch Jan-Christoph Peters, Gründer und Inhaber von Attestor, verspricht ein langfristiges Interesse an dem Neueinkauf. "Condor ist eine starke Marke mit einem bewährten Geschäftsmodell in einem attraktiven Markt", sagt er. Sobald sich der Tourismusmarkt wieder erhole, werde der Ferienflieger "als Marktführer im deutschen Ferienflug besonders profitieren". Nach erfolgreicher Restrukturierung verfüge das Unternehmen über eine „sehr wettbewerbsfähige Kostenposition“. Mit dem Investment schaffe Attestor "die Voraussetzungen für die langfristige Weiterentwicklung der Condor zum führenden europäischen Ferienflieger".
Bei Lufthansa, die mit der Tochter Eurowings Discover ebenfalls auf eine Expansion im Ferienflugsegment setzt, wird man diese Sätze mit Interesse vernehmen.