Tourismusregionen sind nicht gut auf Klimawandel vorbereitet
Bei den Vorbereitungen auf den Klimawandel und seine Folgen gebe es viel Luft nach oben, analysiert der Deutsche Tourismusverband (DTV) nach einer Umfrage unter seinen Landestourismusorganisationen. Befragt nach dem Grad der Vorbereitung in ihrem Bundesland, vergaben sie 5,6 von zehn erreichbaren Punkten.
"Wir haben durch die Befragung der 16 Landestourismusorganisationen unter unseren Mitgliedern feststellen können, dass das Bewusstsein für den Klimawandel und seine Folgen im Tourismus stark ausgeprägt ist. Das Thema ist angekommen, denn Erderwärmung und andere Folgen werden unsere Branche in den nächsten Jahren bestimmen", sagte der Präsident des DTV, Reinhard Meyer, bei der Vorstellung der Umfrage auf dem Deutschen Tourismustag. Zwar sei es "überaus begrüßenswert, dass alle befragten Mitglieder von gezielten Maßnahmen in puncto Klimaschutz in ihren jeweiligen Bundesländern berichten konnten". Angesichts durchwachsener Bewertungen bestehe aber noch Luft nach oben, so Meyer weiter.
Akteure nehmen Folgen des Klimawandels ernst
Die Mitglieder des DTV stellten sich für die Zukunft darauf ein, dass wegen der ansteigenden Durchschnittstemperaturen in den Regionen und besonders in den Städten Aktivitäten im Freien speziell im Sommer verändert würden, so der Verband. Sie rechneten mit einer insgesamt veränderten touristischen Saison, die länger und nicht mehr ausschließlich auf den Sommer konzentriert sei.
Neue technische Möglichkeiten, um den Gästen Kühlung zu verschaffen, sowie der Energiebedarf dieser Geräte seien häufig als erwartete Folgen des Klimawandels genannt worden, so der DTV weiter. Veränderte Wasserstände könnten zu Einschränkungen, auch für den Wassertourismus führen. Es gebe aber auch Potenziale beim Blick in die Zukunft: Steigende Temperaturen in anderen Urlaubsgebieten wie dem südlichen Europa etwa könnten dazu führen, dass Reiseziele in Deutschland an Attraktivität gewinnen, gaben DTV-Mitglieder in der Umfrage an.
Die Tourismusorganisationen der Länder befassten sich intensiv mit dem Klimawandel und hätten sehr genaue Vorstellungen davon, welche Auswirkungen auf sie zukommen, so ein weiteres Fazit aus der Befragung. Insgesamt ansteigende Durchschnittstemperaturen mit Folgen wie Hitzewellen, Waldsterben, Ansteigen des Meeresspiegels und Dürreperioden seien auf dem Radar der Tourismuswerber. Erwartet werde auch, dass extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Sturmfluten in den Küstenregionen und Hoch- und Niedrigwasser an den Flüssen häufiger als bisher auftreten werden.
Aktiver Einsatz für Anpassungsmaßnahmen
Nach gelungenen Beispielen für Anpassungen an sich verändernde klimatische Bedingungen gefragt, nannten die DTV-Mitglieder laut Verband häufig Projekte mit direktem touristischem Bezug. Erwähnt worden seien unter anderem praktische Maßnahmen zur Umgestaltung der Wälder durch Pflanzung klimaangepasster Baumarten, zur Bewahrung und Wiederherstellung von Mooren oder in den Städten zur Entsiegelung von Flächen und zum Ausbau von Parkanlagen.
Traditionelle Wintersportorte erweiterten ihr Angebot, um unabhängiger vom Schnee zu sein, so der DTV. Verstärkter Hochwasserschutz an Flüssen und Küsten sei ebenfalls unter den genannten Maßnahmen gewesen. Ihn habe "besonders gefreut, dass ein Teil der Bundesländer bereits Nachhaltigkeit als Bedingung in der Tourismusförderung verankert hat", resümiert Meyer.
Fehlende Kommunikation und Vernetzung
Als größtes Manko bei der Herausforderung neuer klimatischer Verhältnisse sähen viele der DTV-Mitglieder nach wie vor den Bereich Information, Kommunikation und Vernetzung. Sowohl Anwohner als auch Gäste müssten stärker dafür sensibilisiert werden, welche Auswirkungen auf sie zukommen und welche Effekte eine Veränderung des eigenen Verhaltens haben könnte. Zudem sei es noch nicht überall gelungen, alle entscheidenden Stakeholder an einen Tisch zu holen, um die Anstrengungen besser bündeln zu können.
Christian Schmicke