Spekulationen über Andryszaks plötzlichen Abgang bei TUI
Die Nachricht überrascht und trifft TUI zur Unzeit. Mitten im Neustart nach der schwersten Krise des Veranstalters wirft der Chef die Brocken hin. Im Vertrieb wird der Abgang von Marek Andryszak (Foto) begrüßt und als Zeichen einer verfehlten Vertriebspolitik gewertet. TUI-Kenner glauben aber eher an interne Machtspiele.
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Die Kommunikation über das Aus des Marek Andryszak als Vorsitzender der Geschäftsführung von TUI Deutschland war eine Nacht-und-Nebel-Aktion und äußerst ungewöhnlich. Konzernvorstand David Burling, der bei TUI für die Märkte zuständig ist, machte in einem Rundschreiben an die Mitarbeiter öffentlich, dass man mit Andryszak über die Beendigung seines Vertrages verhandele. PR-Fachleute deuten dies als Versuch, das Heft der Kommunikation zumindest intern in der Hand zu halten.
Manager wie Andryszak haben ihren eigenen Kopf
Da muss es ordentlich geknallt haben, sagen Beobachter, die TUI kennen. Und sie glauben, dass Andryszak tatsächlich spontan die Brocken hingeworfen hat. Eskalierende Machtspiele zwischen Andryszak und Konzernvorstand Sebastian Ebel werden da genannt. Was letztlich den Ausschlag für den Bruch gegeben hat, bleibt aber Spekulation.
Es fällt allerdings auf, dass sich Ebel, der eigentlich Konzernvorstand für Finanzen ist, in jüngster Zeit immer wieder in Andryszaks Beritt öffentlichkeitswirksam in Szene setzte. Etwa bei der Eröffnung des Robinson Clubs auf Zypern, wenn er die Verlängerung der Saison ausrief oder sich zu Tuifly äußerte. Ebel weiß zwar, wovon er spricht. Schließlich war er selbst Chef von TUI Deutschland und hat diesen Posten dem Vernehmen nach nur ungern abgegeben. Aber Manager wie Andryszak haben ihren eigenen Kopf.
Online-Strategie der TUI ein Vorgabe von oben
Möglich ist auch, dass Andryszak die gegenwärtige Performance in der Aufholjagd angekreidet wird. Beim Neustart in den Reisebüros ist TUI Schlusslicht, bestätigen Reisebüroorganisationen. Dies liegt aber nicht nur daran, dass der Marktführer in der Krise kein Ohr für seinen Vertrieb hatte. Das Top-Management des Konzerns und auch Andryszak haben bei jeder Gelegenheit das Mantra wiederholt, dass der Online-Verkauf die Zukunft sei und Reisebüros unwichtiger würden. Aus heutiger Sicht eine Fehleinschätzung.
Und ein Eigentor: Denn die Online-First-Strategie hat zumindest in Deutschland nicht zuerst den Direktvertrieb über tui.com gepusht, sondern die großen Reiseportale wie Check 24. Die Abhängigkeit von diesen Big Playern wird damit größer, und die sogenannten Online Travel Agencies spielen ihre Marktmacht bei den Konditionen gnadenlos aus. So wird der Vertrieb über Portale für TUI am Ende teurer als der klassische Reisebürovertrieb.
Häme und Kritik aus dem Vertrieb
Kein Wunder, dass sich in einschlägigen Reisebüroforen Häme über den Abgang von Andryszak ergießt. "TUI hat eine so schlechte Performance an den Tag gelegt, und das leider auch schon vor Corona. Der Herr, der jetzt den Konzern verlässt, war maßgeblich dafür verantwortlich", schreibt einer. "Dann kann man nur hoffen, dass die neue Führung der TUI mal wieder aus Touristikern besteht", kommentiert eine Reisebüroinhaberin. Aber auch die Redewendung vom sinkenden Schiff macht hier und da die Runde.
Dass sich die Politik von TUI Deutschland unter einem neuen Chef grundlegend ändert, ist nicht zu erwarten. Zwar war Andryszak nie ein Freund der Reisebüros, der Kurs online statt stationär kam aber von ganz oben. Konzernchef Friedrich Joussen hat die Vision, aus TUI ein Amazon des Reisens zu machen.
Wer Andryszak nun beerben wird, ist offen. Insider glauben jedoch nicht, dass sich TUI in der jetzigen Phase lange Zeit mit der Neubesetzung lassen kann. Als interne Lösung bietet sich Stefan Baumert an, der in der Geschäftsführung von TUI Deutschland die Touristik verantwortet. Er ist seit 20 Jahren an Bord und kennt die Branche. Hannover war allerdings bei der Personalwahl aber auch schon öfter für Überraschungen gut.
Thomas Hartung