Lufthansa wettert gegen Ampel-Pläne zum Verbraucherschutz
Die Koalitionspläne im Verbraucherschutz seien "einseitig“, heißt es im aktuellen Politikbrief von Lufthansa. Dabei geht es vor allem um eine mögliche Kundengeldabsicherung gegen Insolvenz, ein Automatisierungsgebot für Entschädigungen und das geplante Verbot von No-Show-Klauseln.

Lufthansa/Rolf Bewersdorf
Lufthansa sieht die Pläne der neuen Bundesregierung zum Verbraucherschutz kritisch
Es drohe sich ein "Missverhältnis von berechtigten Verbraucherinteressen einerseits und wirtschaftlichen Kosten anderseits zu etablieren", kritisiert der Airline-Konzern. So biete die von der Bundesregierung geplante Einbindung von Flugreisen in die Insolvenzabsicherung "nur einen begrenzten Nutzen“. Zwischen 2011 und 2019 seien nur 0,04 Prozent aller Flugreisenden von einer Airline-Insolvenz betroffen gewesen, argumentiert Lufthansa. "Hier sollte Deutschland einen Alleingang vermeiden, um heimische Fluggesellschaften im internationalen Wettbewerb nicht zu benachteiligen. Denn eine pauschale Insolvenzabsicherung hätte zwangsläufig höhere Ticketpreise zur Folge", heißt es.
Die Einbeziehung von Fluggesellschaften in die Kundengeldabsicherung war vor allem nach den Pleiten von Airlines wie Airberlin und Germania immer wieder diskutiert worden. Viele Kunden mussten damals den Verlust geleisteter Zahlungen für Tickets, die nicht mehr abgeflogen werden konnten, hinnehmen. Dabei spielte auch der Umstand eine Rolle, dass Fluggesellschaften in der Regel den vollen Flugpreis gleich bei der Buchung kassieren, während etwa bei Pauschalreisen nur eine Anzahlung geleistet werden muss.
Prüfung von Erstattungsanträgen muss möglich bleiben
Ähnlich kritisch wie die Pflicht zur Kundengeldabsicherung wertet Lufthansa Pläne, das Schutzniveau der seit 2004 geltenden EU-Verordnung 261 zu bewahren und eine "Automatisierung von Entschädigungsleistungen" bei Flugausfällen und Verspätungen einzuführen. "Beide Aussagen sollten mit dem erforderlichen Hintergrund bewertet werden“, schreibt Lufthansa. So sei eine Automatisierung im Sinne der Digitalisierung zwar richtig, um die Bearbeitung berechtigter Ansprüche zu vereinfachen. Gleichzeitig müsse es in Einzelfällen möglich bleiben, die Richtigkeit der Erstattungsanfrage zu prüfen und Kunden die Wahl zu geben, auf welche Art sie entschädigt werden wollten.
Viele Airlines waren zuletzt dadurch ins Gerede geraten, dass sie Erstattungs- und Entschädigungsansprüche schleppend bearbeitet hatten und bisweilen erst auf juristische Schritte der Kunden reagierten. Davor soll ein Automatisierungsgebot die Kunden künftig schützen. Der Einwurf von Lufthansa, dass eine Prüfung von Erstattungsansprüchen weiterhin möglich sein müsse, erscheint allerdings begründet.
Neue Runde in der Debatte um die No-Show-Klausel
Als "besonders einschneidend" bezeichnet der Airline-Konzern ein pauschales Verbot der sogenannten No-show-Klauseln. Sie besagen, dass der Weiter- oder Rückflug verfällt, wenn der Hin- oder Zubringerflug nicht angetreten wurde. Diese Bedingung zielt zum Beispiel darauf ab, dass Kunden nicht die Strecke Madrid – Frankfurt – New York buchen, aber erst in Frankfurt einsteigen, weil das Ticket ab Madrid günstiger ist. Ein Verbot dieser von den Airlines häufig angewendeten Klausel untergrabe "eine regional und im Wettbewerb angemessene Preisgestaltung". Es könne zudem "dazu führen, dass regelmäßig nicht voll besetzte Flugzeuge fliegen", schreibt Lufthansa. Dies wäre "auch ökologisch nachteilig".
Die No-show-Klauseln von Airlines, die im Falle eines nicht abgeflogenen Segments die gesamte Reise unmöglich machen, können, sind seit langem ein Zankapfel. Die Airlines wollen dadurch "kreatives Ticketing" mancher Reisebüros oder auch der Kundschaft verhindern, weil sie dies als Untergrabung ihrer Freiheit zur Preisgestaltung betrachten. Seitens Kunden und Reisebüros kommt es hingegen immer wieder zu Beschwerden darüber, dass sie aufgrund eines verpassten Hinflugs vom Rückflug ausgeschlossen worden seien.
Christian Schmicke