Lufthansa schmiedet Pläne für ein Ende der Staatsbeteiligung
Der Konzern hat vier Banken mit der Unterstützung bei der Kalibrierung einer möglichen Kapitalerhöhung beauftragt. Der Nettoerlös würde insbesondere zur Rückzahlung von Stabilisierungsmaßnahmen des WSF beitragen, teilt die Airline mit. Zugleich gibt die Lufthansa-Führung klare Spar- und Gewinnziele aus und will den Direktvertrieb forcieren.

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Lufthansa, hier ein A320 neo, will weiter in neue Flugzeuge investieren
Vorstand und Aufsichtsrat hätten noch keine Entscheidung über den Umfang und den Zeitpunkt einer möglichen Kapitalerhöhung getroffen, schreibt Lufthansa in einer in der Nacht zu Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung. Zudem steht die Genehmigung durch den WSF, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes, hierfür noch aus.
Allgemein wird erwartet, dass der mit 20 Prozent an Lufthansa beteiligte WSF bei der Kapitalerhöhung mitzieht. Laut Lufthansa soll dies geschehen, ohne dass er dafür zusätzliches Geld ausgibt. Der Corona-Finanzhilfefonds wolle sich mit einer sogenannten Operation Blanche an der Kapitalerhöhung beteiligen, heißt es von Lufthansa. Dabei verkauft ein Aktionär einen Teil seiner Bezugsrechte für die neuen Aktien, um mit der Einnahme daraus die verbliebenen Bezugsrechte auszuüben.
Für den Bund wäre der Ausstieg ein gutes Geschäft
Von den hierzulande insgesamt 6,8 Milliarden Euro des staatlichen Rettungspakets hat Lufthansa laut "Handelsblatt" bislang gut zwei Milliarden Euro in Anspruch genommen. Davon sei bereits die Hälfte mit dem Geld aus neuen Anleihen wieder getilgt worden, so dass Lufthansa dem Staat derzeit rund eine Milliarde Euro schulde. Sollte eine Kapitalerhöhung um drei Milliarden Euro gelingen, könnte diese Summe früher als bisher geplant zurückgezahlt werden und der Staat müsste dann sein Aktienpaket, für das er rund 300 Millionen Euro zahlte, bald verkaufen.
Käme es so, dann hätte der Bund mit seiner Einlage nach Informationen der "Welt" nach jetzigem Stand ein gutes Geschäft gemacht. Denn der 20-Prozent-Anteil, für den der Bund 300 Millionen Euro zahlte, sei derzeit etwa 1,2 Milliarden Euro wert.
Für Lufthansa hätte ein baldiger Ausstieg des Bundes unter anderem den Vorteil, dass sie sich von Auflagen befreien könnte, die sie im Gegenzug für staatliche Hilfe einhalten muss: darunter sind etwa das Verbot, Dividende an Aktionäre zu zahlen oder Zinsen an Anleihebesitzer sowie Bonuszahlungen an Führungskräfte. Zudem könnte die Airline-Gruppe dann wieder an Übernahmen denken. Bisher war geplant, die Staatshilfe 2023 zu tilgen.
3,5 Milliarden Einsparungen bis 2024
Zudem konkretisierte Lufthansa per Mitteilung die Spar- und Ergebnisziele. Geplant sind demnach Bruttoeinsparungen von ca. 3,5 Milliarden Euro bis 2024 – gegenüber 2019 zu erzielen –Etwa die Hälfte der Einsparungen soll bis Ende 2021 umgesetzt werden. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll bis 2024 mindestens acht Prozent und der Ertrag aus dem eingesetzten Kapital mindestens zehn Prozent betragen. Zum Vergleich: 2018 lag die Ebit-Marge ebenfalls bei acht Prozent; 2019 betrug sie laut "Handelsblatt“ 5,6 Prozent.
Die Personalkosteneinsparungen sollen ab 2023 etwa 1,8 Mrd. Euro erreichen, wovon etwa die Hälfte durch den Abbau von fast 26.000 Mitarbeitern seit Beginn der Krise bereits erreicht wurde, berichtet Lufthansa weiter. In Deutschland sollen die Personalkosten durch eine Kombination aus angepassten Tarifverträgen, freiwilligen Abgängen und betriebsbedingten Kündigungen sinken, was in Summe laut Lufthansa einer Reduzierung der Mitarbeiterzahl um bis zu 10.000 Stellen entspricht.
Gesundschrumpfen und in die Flotte investieren
Nach der Schließung von Sun Express Deutschland, der Einstellung des Passagierflugbetriebs bei Germanwings und Schließung zahlreicher Basen und Standorte sollen zusätzliche Synergien durch die Harmonisierung der Flugzeugwartung und weiterer betrieblicher Prozesse, die Digitalisierung und Cloud-Migration von operativen Steuerungs- und Planungsfunktionen und eine Reduzierung der IT-Systeme im Bereich der Flight und Group Operations um rund 50 Prozent weitere Einsparungen bringen.
Die Reduzierung der Gemein- und sonstigen Kosten soll unter anderem durch eine circa dreißigprozentige Reduzierung der Büroflächen, die Neuverhandlung wichtiger Lieferantenverträge und die Reduzierung externer Beratungs- und Marketingkosten erreicht werden. Auch die fortschreitende Modernisierung und Harmonisierung der Flotte werde durch eine verbesserte Treibstoffeffizienz sowie geringere Wartungs- und Schulungskosten zur Senkung der Betriebskosten beitragen. Darüber hinaus werde dies das Ziel des Konzerns unterstützen, die Netto-CO2 Emissionen bis zum Jahr 2030 zu halbieren.
Direktvertriebsanteil soll auf drei Viertel steigen
Lufthansa habe "in großem Ausmaß in den Direktvertrieb investiert", heißt es außerdem in der Mitteilung. Der Anteil der über direkte Vertriebskanäle getätigten Buchungen solle weiter steigen, von 50 Prozent im Jahr 2019 auf 75 Prozent bis 2024. Das Vielfliegerprogramm Miles & More soll "eine zentrale Rolle bei der Förderung der Kundenbindung" spielen. Zudem werde das Kundenerlebnis bei allen Fluggesellschaften durch "bedeutende Innovationen im digitalen Bereich weiter verbessert".
Positiver Cashflow im zweiten Quartal
Laut Pressemitteilung erwartet der Konzern, unterstützt von dem Anstieg der Buchungen, im zweiten Quartal 2021 einen positiven operativen Cashflow. Man gehe davon aus, dass die Passagieranzahl im Juni etwa 30 Prozent, im Juli etwa 45 Prozent und im August rund 55 Prozent des Vorkrisen-Niveaus erreichen werde. Dieser Trend unterstütze die Erwartung des Konzerns, im Gesamtjahr 2021 durchschnittlich etwa 40 Prozent des Kapazitätsniveaus von 2019 zu erreichen.
Christian Schmicke