Junge Touristiker fordern Wandel in Ausbildung und Image
Zwei Young Talents erzählen im Reise-vor9-Podcast von ihrem Weg in die Touristik und geben Tipps, wie die Branche junge Menschen besser ansprechen kann. Sie fordern realistische Infos zu Jobchancen, modernere Ausbildung, mehr Präsenz an Schulen – und mehr Offenheit bei Gehalt, Verantwortung und Work-Life-Balance.

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Die Touristik gilt als offen, vielfältig und international. Doch beim Nachwuchs hapert es
Die Touristik gilt als offen, vielfältig und international. Doch beim Nachwuchs hapert es. Zwei junge Touristiker sprechen im Reise-vor9-Podcast darüber, was die Branche aus ihrer Sicht tun kann, um attraktiver zu werden – und welche Rolle Generation Z dabei spielt.
Quereinstiege mit Leidenschaft
Beverly Brenkmann und Kerem Ay sind über Umwege in die Branche gekommen – und geblieben. Brenkmann startete mit einem Praktikum im Marketing der Lufthansa Group, heute arbeitet sie bei Lufthansa City Center. Ay brach sein erstes Studium ab, fand über Gespräche mit Freunden den Weg zur Touristik und ist inzwischen bei Dertour im Marketing tätig.
Beide eint die Begeisterung für das Reisen und für eine Branche, die aus ihrer Sicht durch offene, engagierte Menschen geprägt ist. "Man fühlt sich sofort willkommen", sagt Ay. Auch bei der DRV-Tagung in Málaga, bei der sie auf der Bühne standen, hätten sie sich auf Augenhöhe begegnet gefühlt – trotz der vielen etablierten Führungskräfte im Raum.
Ungeachtet dieser positiven Eindrücke sehen beide Erklärungen dafür, warum sich zu wenige junge Menschen für die Branche entscheiden. Noch immer herrsche bei vielen ein veraltetes Bild vor, sagt Ay. Das Reiseziel heiße Rezeption oder Housekeeping, nicht Projektleitung oder Marketing. Brenkmann verweist zudem auf die Folgen der Pandemie, die viele Berufseinsteiger verunsichert und andere Branchen attraktiver erscheinen lassen habe.
Branche muss früher ansetzen
Einigkeit herrscht bei der Frage, was die Branche besser machen muss: raus aus der eigenen Bubble, rein in Schulen und Ausbildungszentren. Berufsmessen, Schnupperangebote oder Vorträge von Touristikerinnen und Touristikern könnten dabei helfen, ein realistisches und zeitgemäßes Bild der Branche zu vermitteln – und frühzeitig Interesse zu wecken.
Nicht nur Kommunikation, auch Inhalte müssen aus Sicht der beiden Young Talents angepasst werden. Wenn Auszubildende heute noch mit Reisekatalogen arbeiteten, fehle der Bezug zur Realität. "Die Ausbildung muss digitaler, aktueller und attraktiver werden", sagt Ay. Nur so lasse sich langfristig Nachwuchs gewinnen – und halten.
Gehalt ist nicht alles – aber auch nicht egal
Ein strukturelles Problem bleibt aus Sicht der jungen Touristiker das Thema Bezahlung. Gerade beim Berufseinstieg liege die Touristik im Vergleich zu anderen Branchen oft zurück. Für Brenkmann ist das zwar nachvollziehbar, aber auch ein Hindernis. Ay betont: „Geld ist nicht alles – aber es gehört dazu.“ Das gelte insbesondere, da die Mietpreise hoch und Zukunftsperspektiven unsicher seien.
Beide wehren sich gegen das Vorurteil, ihre Generation sei faul oder unambitioniert. Der Wunsch nach Work-Life-Balance sei Ausdruck eines neuen Selbstverständnisses. "Wir wollen bewusst leben – und bewusst arbeiten", sagt Brenkmann. Das bedeute nicht, dass Verantwortung gescheut werde. Im Gegenteil: Ay sieht sich klar in einer künftigen Führungsrolle – aber mit anderen Prioritäten als frühere Generationen.
Offenheit für neue Wege
Klare Karrierepläne haben beide nicht – aber eine klare Richtung. Ay interessiert sich für Eventmanagement und Teamführung, Brenkmann will sich von Gesprächen und Eindrücken inspirieren lassen. Ihre Botschaft an die Branche: zuhören, mitgestalten, offen bleiben. "Die Touristik hat so viel zu bieten", sagt Brenkmann. "Aber das muss auch sichtbar werden – nicht erst im Studium, sondern schon viel früher."
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Christian Schmicke