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14. August 2024 | 15:27 Uhr
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Gewerkschaften bereiten Streik bei Discover vor

Bei der Lufthansa-Tochter Discover eskaliert ein Machtkampf unter den Arbeitnehmervertretungen, der ein hohes Streikpotenzial birgt. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit und die Flugbegleitergewerkschaft Ufo wollen die Streikbereitschaft ihrer Mitglieder kurzfristig per Urabstimmung ermitteln.

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VC und Ufo starten beim fliegenden Personal von Discover eine Urabstimmung

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Der Auftritt war durchaus ungewöhnlich: In einer gemeinsamen Pressekonferenz erhoben die Spitzen der Pilotengewerkschaft und der Vertretung der Flugbegleiter gemeinsam schwere Vorwürfe gegen das Management des Lufthansa-Ferienfliegers Discover und des Lufthansa-Konzerns. Anlass ist der Abschluss eines Tarifvertrages zwischen Discover und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

Was im Normalfall eine gute Nachricht für die Beschäftigten ist, führt nun zum Zoff. Denn VC-Präsident Andreas Pinheiro und Ufo-Chef Joachim Vázquez Bürger machten im Rahmen der Pressekonferenz deutlich, dass sie Verdi nicht als legitime Vertretung des fliegenden Personals betrachten. Die Gewerkschaft repräsentiere nur einen minimalen Teil der Beschäftigten, während Cockpit etwa 450 Piloten bei Discover repräsentiere. Ufo macht dazu keine konkreten Angaben, spricht aber im Hinblick auf die Flugbegleiter von einer dreistelligen Zahl, die wohl das zwanzigfache der Verdi-Mitglieder ausmache.

Hauruck-Aktion?

Aus der Sicht von Ufo-Verhandlungsführer Harry Jaeger präsentiert sich der Tarifabschluss als eine Art nächtlicher Coup, der zwischen einer siebenköpfigen Verdi-Tarifkommission und dem Discover-Management ausgehandelt worden sei. Die Airline-Führung versuche damit, "die Fachgewerkschaften vom Tisch zu bringen", so der Vorwurf. Dabei sei man selbst einer Tarifeinigung inhaltlich relativ nahe gewesen. Doch die Arbeitgeberseite wolle "etablierte Gewerkschaften aus der Gestaltungsmacht" entfernen und so mögliche Vernetzungen bei Tarifabschlüssen der einzelnen Lufthansa-Gesellschaften kappen.

Das sei keine Entscheidung, die auf Discover-Ebene falle, sondern sie werde direkt von der Lufthansa-Spitze getroffen, unterstreichen die Gewerkschafter. Sie befürchten überdies, dass dieses Prinzip auch auf andere Töchter, wie die neue Lufthansa City Airlines, ausgeweitet werden könnte.

Differenzierungsklausel sorgt für Ärger

Ein großes Ärgernis ist für die Vertreter von VC und Ufo zudem, dass Verdi-Mitglieder durch den Tarifvertrag bessergestellt werden als andere Beschäftigte. Das gilt sowohl für die Vergütung als auch für Kündigungsfristen. Jaeger bezeichnet das als rechtswidrig, wenngleich er einräumt, dass Differenzierungsklauseln durchaus üblich seien.  

Discover kontert auf Anfrage von Reise vor9: "Unser Ziel war ein Tarifabschluss, bei dem die Interessen und Perspektiven der Mitarbeitenden von Discover und damit auch die weitere Entwicklung der Airline im Mittelpunkt stehen. Dafür waren wir im intensiven und konstruktiven Austausch mit drei Gewerkschaften. Am Ende ist uns nun ein guter Abschluss mit Verdi gelungen."

Mitgliederzahlen sind nicht Sache des Arbeitgebers

Eine sogenannte Differenzierungsklausel sei Teil der Vereinbarung mit Verdi, bestätigt die Airline. Diese beinhalte einen Beitragsausgleich sowie "modifizierte Kündigungsfristen". Dies sei durchaus üblich. Der Tarifvertrag gelte bis auf die Klausel selbstverständlich für alle.

Zu der Frage, wie viele Arbeitnehmer welche Gewerkschaft vertritt, teilt Discover mit: "Über die Gewerkschaftszugehörigkeit unserer Mitarbeitenden können wir keine Aussage treffen, diese Informationen ist uns als Arbeitgeber nicht zugänglich. Was wir bestätigen können: Wir haben in den letzten Monaten mit Discover-Mitarbeitenden, die jeweils aktive Mitglieder der drei Gewerkschaften sind, die Gespräche geführt. Eine Anfrage an uns von Ufo und VC zur Überprüfung können wir nicht bestätigen." VC und Ufo hatten erklärt, eine solche Anfrage gestellt zu haben. Discover unterstreicht hingegen, darüber müssten sich die Arbeitnehmervertretungen untereinander einigen.

Verdi verweist auf Erfolge bei anderen Airlines

Auch Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky äußert sich auf Anfrage von Reise vor9 zu der Angelegenheit und zieht seinerseits gegen die Konkurrenz vom Leder: "Verdi vertritt seit Jahren erfolgreich fliegendes Personal inner- und außerhalb des Lufthansa Konzerns und ist in diesem Bereich inzwischen deutschlandweit die größte Gewerkschaft", schreibt er. Ihre "erfolgreiche Tarifarbeit" sei zuletzt für die Beschäftigten im Aerologic-Cockpit, in der Eurowings-Kabine oder anderen Flugbetrieben, wie Tuifly, Condor oder Easyjet "deutlich spürbar" gewesen.

Nun gebe es auch einen Tarifabschluss bei Discover Airlines. Dieser sehe Gehaltssteigerungen von bis zu 38 Prozent und viele weitere Verbesserungen vor, so Rechinsky. Der Abschluss liege damit "nachweislich über den Forderungen von VC und Ufo". Der aktuelle Konflikt zeige, "dass es beiden nicht darum geht mehr für die Beschäftigten zu erreichen, sondern Macht und Bedeutung im Konzern abzusichern". Ihre öffentliche Haltung zur Discover Airlines verbaue "am Ende Wachstum und damit Karriereperspektiven für die dortigen Kollegen". Verdi verzeichne "seit Tagen eine Eintrittswelle".

Streiks nicht unwahrscheinlich

Das werden VC und Ufo nicht auf sich sitzen lassen. Sie wollen an diesem Donnerstag eine gemeinsame Urabstimmung starten, deren Ergebnis bis zum kommenden Mittwoch vorliegen soll. Je nach Ergebnis könne es dann kurzfristig zu Arbeitskämpfen kommen, erklärten Pinheiro und Vázquez Bürger. Die VC-Piloten hatten bei Discover bereits im vergangenen Winter für erste Tarifverträge gestreikt, und auch Ufo hatte zu einem Streik aufgerufen, um in die Verhandlungen mit dem Unternehmen zu gelangen.

Christian Schmicke

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