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19. Januar 2022 | 13:27 Uhr
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Das Kommunikationsproblem der Kreuzfahrtbranche

Etliche Reedereien agierten an Bord und in Sachen Produkt und Logistik unglaublich professionell, in der Kommunikation aber bisweilen nicht, sagt der Kommunikationsberater und Kreuzfahrtexperte Thomas P. Illes (Foto). Gerade was Krisenkommunikation betreffe, seien etliche Reedereien nicht auf dem Stand, auf dem sie sein sollten. Die Kreuzfahrt habe in Sachen Kommunikation "noch einen Haufen Arbeit vor sich".

Thomas P. Illes

Thomas P. Illes berät unter anderem Kreuzfahrtunternehmen

Seit Beginn der Coronapandemie hat sich ein eigentümliches Szenario viele Male wiederholt: Wenn Kreuzfahrten abgesagt oder abgebrochen werden, wenn Schiffen die Einfahrt in einen Hafen verweigert wird, erfahren auch Journalisten davon in der Regel zuerst über Social-Media-Kanäle oder über Blogs, in denen Kreuzfahrtgäste von ihren Erfahrungen berichten. Erst deutlich später, wenn überhaupt, äußern sich die Reedereien selbst dazu. In der Regel wird dann nur noch bestätigt, was zuvor ohnehin schon die Runde gemacht hat. Nicht immer ist es so, aber oftmals.

Dieses kommunikative Defizit thematisiert auch Illes, der diverse Branchen seit vielen Jahren berät und an Hochschulen doziert. Wenn es darum gehe, mit eigenen Schwächen umzugehen, diese einzugestehen und dadurch Vertrauen, politischen Goodwill und Glaubwürdigkeit zu schaffen, mauerten die Kreuzfahrtanbieter schon lange vor Corona über Gebühr häufig und wehrten entsprechende Anfragen ab, sagt Illes im Gespräch mit Reise vor9. "Sie geben keine Statements und dann wundern sie sich, dass sie nicht so positiv wahrgenommen werden, wie sie das wollen", bemängelt er. Man könne nicht "einerseits abtauchen, wenn‘s ein bisschen haarig wird und sich andererseits wundern, dass die Leute falsche Vorstellungen haben", so der Experte.

Zudem sei es keinesfalls im Interesse der Industrie, wenn sich Mitarbeiter, Kunden und Anhänger von Kreuzfahrtunternehmen zunehmend schämen und rechtfertigen müssten und die Industrie in quotenwirksamen Talkshows, Hochschulen und zahllosen Medien immer mehr in Bedrängnis gerate, ergänzt Illes im Gespräch mit Reise vor9.

Starke Defizite beim Image

Im Interview mit dem Schweizer Fachportal Travel News legt Illes nach. Was die Kreuzfahrt-Industrie im eigenen Interesse unbedingt ändern müsse, sei ihr negatives Image, fordert er. Dazu gehöre auch, "dass sie endlich aufhören muss, sich ständig nur als Opfer aufgrund von medialem Bashing und oftmals wenig faktenbasierten Verunglimpfungen zu sehen, ohne selbstkritisch ihren eigenen Beitrag zu reflektieren, der dazu geführt hat, dass mittlerweile weite Teile der Bevölkerung, Medien und zahlreiche Institutionen Kreuzfahrten gegenüber so kritisch eingestellt sind".

In Sachen Nachhaltigkeitsbemühungen, Kritikempfänglichkeit, Offenheit, Transparenz und Kommunikation hätten es weite Teile der Branche zu lange verpasst, mit überzeugenden Konzepten aufzuwarten, sagt der Berater. Das räche sich jetzt. Um in einer "hoffentlich dereinst möglichen Post-Pandemie-Ära" mit sich möglicherweise wandelnden gesellschaftlichen Wertvorstellungen an alte Erfolge anknüpfen zu können, werde sich die Branche diesen Themen stellen und wieder für mehr Sympathien werben müssen.

Die Hochseetouristik habe "grundsätzlich ein enormes Potential für auch zahlreiche positive Erfolgsmeldungen", die aber angesichts der beschriebenen Defizite bei Medien sowie breiten Bevölkerungskreisen zunehmend in den Hintergrund rückten und nicht mehr wahrgenommen würden», so der Kommunikationsprofi gegenüber Reise vor9. Deshalb habe sie "noch einen Haufen Arbeit vor sich".

Christian Schmicke

Ein ausführliches Gespärch mit Thomas P. Illes finden Sie im Reise vor9 Podcast:

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