"Das Denken in der Touristik
Mark Schumacher ist Vice President von Travelscout24. Das Online-Reiseportal ist eine Marke der Scout24-Gruppe, die zudem unter anderem für ihre digitalen Marktplätze für Autos, Immobilien und Finanzdienstleistungen bekannt ist. Scout24 setzte 2017 knapp 480 Millionen Euro um und erwirtschaftete einen Vorsteuergewinn von 253 Millionen Euro. Betrieben wird Travelscout24 seit 2009 von der Triplemind GmbH, die auch die Online-Portale Reise.de und Billigweg.de betreibt.
Das Gespräch führte Christian Schmicke
Herr Schumacher, haben die Airline- und Veranstalterpleiten des vergangenen Jahre bei Ihrem Unternehmen Spuren hinterlassen?Schumacher: Ja, klar. Die Auswirkungen sind bei uns dieselben wie im klassischen Reisebüro. Unser Service-Center hatte und hat alle Hände voll damit zu tun, Kunden zu informieren, zu beraten und gegebenenfalls für Ersatz zu sorgen, wenn sich die Urlaubspläne wegen der Veränderungen im Flugmarkt nicht mehr in der ursprünglichen Form realisieren lassen. Das ist eine Menge Arbeit, aber ich glaube, wir haben die Sache ganz gut bewältigt. Ich hoffe nur, dass die Branche daraus die richtigen Lehren zieht.
Was müsste sich denn Ihrer Meinung nach verändern?In praktischer Hinsicht sollte die Touristik ganz klar für eine Absicherung der Kunden im Fall weiterer Airline-Pleiten plädieren, und zwar mit vereinten Kräften und einer Stimme. Die gute aktuelle Buchungslage darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Branche insgesamt bei den Kunden einen massiven Vertrauensverlust erlitten hat.
Der DRV hat sich doch schon für eine Insolvenzabsicherung ausgesprochen…Ja, allerdings mit vielem Wenn und Aber. Auf eine weltweite Lösung können wir doch nicht warten, wenn aus einer verpflichtenden Kundengeldabsicherung durch die Airlines wirklich etwas werden soll. Das Problem eines Branchenverbandes ist natürlich, dass er aus sehr unterschiedlichen Interessenlagen den kleinsten gemeinsamen Nenner finden muss. Dabei sollten die Airlines, die sich gegen die notwendige Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen sträuben, eigentlich die ersten sein, die sich dazu bekennen.
Warum denn?Weil sie den allergrößten Vertrauensverlust erlitten haben. Aber die Haltung, die sie nun an den Tag legen, ist nur ein Beleg dafür, dass das Denken in der Touristik insgesamt in eine falsche Richtung geht. Der Dienst am Kunden, der die eigentliche Basis unseres Geschäfts ist, gerät allzu oft in Vergessenheit, wenn es darum geht, wo sich noch der eine oder andere Cent sparen lässt.
Der Online-Reisevertrieb, in dem Sie aktiv sind, gilt auch nicht gerade als Servicegranate. Außerdem tragen Portale mit ständigen Rabattaktionen dazu bei, dass der Preisdruck wächst und die Margen schwinden.Ja, natürlich gibt es da schwarze oder zumindest graue Schafe. Aber gerade Veranstalter und Reisebüros, ob mit Ladenlokal oder online, leben doch vom Vertrauen, das Kunden ihnen schenken. Ein Transportmittel und eine Unterkunft brauche ich, wenn ich verreisen will. Aber die Vermittler dazwischen nutze ich gerade angesichts fortschreitender technischer Möglichkeiten nur, wenn ich mir einen Vorteil davon verspreche. Ständige Rabattaktionen sind aus meiner Sicht der völlig falsche Weg, denn ein gutes Serviceangebot erfordert vor allen Dingen Investitionen in Schulung und Ausbildung. Bleibt das aus, wird der Sinn eines Vermittlers durch die Kunden zunehmend in Frage gestellt werden.
Was tun Sie denn, um als Online-Händler Vertrauen zu schaffen?Eine ganze Menge. Der Schlüssel dafür sind neben einer nutzerfreundlichen Technik, die auf Taschenspielertricks und versteckte Kosten verzichtet, auch im Online-Geschäft die Menschen. In unserem Service-Center sitzen ausgebildete Reiseverkehrskaufleute, die unsere Kunden per Mail oder telefonisch kompetent beraten und für Fragen ein offenes Ohr haben. Und natürlich sind wir vor, während und nach der Reise verantwortlich für unsere Kunden und übernehmen diese Aufgaben wie jedes gute Reisebüro gern. Dass wir hier auf einem guten Weg sind, attestieren uns übrigens auch einschlägige Untersuchungen.