Malediven bringen Testpflicht für Touristen ins Gespräch
Traumziel Malediven – derzeit geschlossen. Auch der Archipel im Indischen Ozean ist von Covid-19 und seinen Auswirkungen nicht verschont geblieben. Wie sieht es aktuell vor Ort aus und wie geht das Land mit der Krise um? Fragen an den Honorarkonsul der Malediven in München, Andreas Witte.
Herr Witte, wie viele Deutsche sind derzeit noch auf den Malediven?
Von ausreisewilligen Deutschen ist mir nichts bekannt. Als es eng wurde, wurden noch 85 Personen im Rahmen der großen Rückholaktion mithilfe der deutschen Botschaft in Colombo ausgeflogen. 35 Deutsche sind langfristig im Land und dort verstreut. Die meisten davon arbeiten dort oder haben eine offizielle Funktion. Der Rest teilt sich auf in Lebenskünstler, die aufgrund ihrer Verbindungen über Langzeitvisa verfügen und ein paar sehr Wohlhabende, die jetzt größte Privatheit bei maximalem Service genießen.
Was haben die Malediven konkret gegen die Ausbreitung von Corona unternommen?
Die Corona-Krise hat die Malediven erst spät erreicht. Durch ihre Abgeschiedenheit und der auf eine Vielzahl von Inseln verstreuten Bevölkerung konnten die Malediven rechtzeitig einen Pandemieplan aufstellen und so eine Verbreitung des Virus eindämmen. Außerdem gibt es eine Art "Insel-Apartheid": eine Insel wird entweder für touristische Zwecke genutzt oder sie ist eine Einheimischeninsel. Der Pandemie-Plan sieht vor, dass einige der verlassenen Touristen-Resorts als Quarantäneinseln genutzt werden. Dort können sich gesunde Kontaktpersonen frei bewegen und schwimmen gehen. Nach Ablauf von 14 Tagen wird zweimal getestet und wer negativ ist, darf die Insel verlassen. In der Presse wurde deshalb schon von der „schönsten Quarantäneinsel“ der Welt berichtet, aber das ist natürlich Unsinn, weil ein gewisses Infektionsrisiko besteht und die Menschen, sollten sie positiv getestet werden, auf einem anderen Teil der Insel isoliert werden.
Wie viele Corona-Fälle gibt es denn konkret?
Die noch offenen Touristen-Resorts sind aktuell wieder virusfrei. Die Ausbreitung des Coronavirus konzentriert sich auf die Hauptinsel Male, auf der 170.000 Menschen auf einer Fläche von circa zwei Quadratkilometern leben. Ich kenne keinen dichter besiedelten Raum. Am 1. Mai hatten wir 468 bestätigte Fälle. Die Regierung hat frühzeitig drastische Maßnahmen angeordnet: ein strenger Lockdown mit Ausgangssperren, eine faktische Einreisesperre durch temporäre Aufhebung der Visa-Freiheit und eine Genehmigungspflicht für den Personenverkehr zwischen den Inseln einschließlich des Flughafenbereichs.
Haben die Malediven einen Plan für die Wiedereröffnung nach Corona?
Da das Land vom Tourismus abhängig ist, ist ein Plan für den „day after“ von größter Bedeutung. Die Hoffnung ist, bereits Anfang des dritten Quartals, also vielleicht schon im Juli, wieder Gäste zu begrüßen. Priorität hat zunächst der Schutz der eigenen Bevölkerung. Dafür muss sichergestellt sein, dass die anreisenden Touristen gesund sind, da sie auf den Resort-Inseln ständig in Kontakt mit den einheimischen Mitarbeitern kommen. Nicht weniger wichtig ist die Gesundheit der Gäste untereinander. Ich plädiere hier für eine Testpflicht vor Abflug, die nicht nur bilateral, sondern auf EU-Ebene und international standardisiert werden sollte.
Kann die Krise für den Tourismus auch etwas Positives bewirken?
Gewiss! Auf den Malediven denkt man beispielsweise darüber nach, wieder unabhängiger vom Tourismus zu werden. Es gibt eine aufkeimende Umweltbewegung, die dafür plädiert, Inseln für biologischen und nachhaltigen Ackerbau zur Selbstversorgung auszuweisen. Einige Resorts wie etwa Sonevafushi waren schon vor der Krise klimaneutral, haben ihr Gemüse selbst angebaut und sogar den CO2-Ausstoß ihrer Gäste kompensiert. Klimaschutz kostet aber auch Geld und ist mit Massentourismus nicht kompatibel. Die Malediven sind hier trotz einer gewissen Expansion immer noch gut positioniert und können die Zeit nach der Krise dazu nutzen, ihre Bestrebungen, demnächst komplett klimaneutral zu werden, fortzusetzen.
Das Interview führte Andreas Förster
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