Expertenrat empfiehlt drastische Maßnahmen gegen Overtourism
Ein Expertenrat hat tiefgreifende Änderungen der Rahmenbedingungen für den Tourismus auf den Balearen vorgeschlagen. Unter anderem sollen Besucherzahlen begrenzt, der Kauf von Wohneigentum für Ausländer erschwert und betagte touristische Anlagen in Wohnraum umgewandelt werden.
Das "Fòrum de la Societat Civil" stellte die Schlussfolgerungen aus einem von der balearischen Regierungschefin Marga Prohens einberufenen und Ende Juni veranstalteten Tourismuskongress vor. Das Dokument, das ausschließlich auf Mallorquinisch verfügbar ist, enthält mehr als 200 Vorschläge zu einer Neugestaltung des Tourismusmodells auf den Balearen. Kerngedanke ist es, den Tourismus nicht nur zu begrenzen, sondern die Besucherzahl Schritt für Schritt zu senken und zugleich eine Diversifizierung der bislang stark auf die Reisebranche fokussierten Wirtschaft der Inseln zu erreichen.
Unter anderem sprechen sich die Experten für eine gesetzliche Einschränkung beim Kauf von Immobilien für Ausländer aus. Nur wer bereits seit Jahren seinen Wohnsitz auf den Inseln habe, solle in Zukunft berechtigt sein, eine Immobilie zu erwerben, heißt es. Weitere Vorschläge sind die Umwandlung veralteter Hotels in Wohnungen, um die Knappheit an erschwinglichem Wohnraum zu bekämpfen, oder die Einstellung der Tourismusförderung und der Teilnahme an internationalen Messen.
Deckelung der Gästezahl und höhere Steuern
Für Urlauberzonen, in denen die Einheimischen chronisch eine Minderheit darstellen, plädiert der Expertenrat für eine Deckelung der Besucherzahl. Zudem sollen öffentliche Investitionen, wie sie etwa für die vorgeschlagenen Umnutzungen erforderlich wären, durch höhere Steuern finanziert werden. Wer mit dem Tourismus gutes Geld verdient, könne auch "deutlich mehr Steuern" zahlen, erklärte der Sprecher des Fòrum de la Societat Civil, Jaume Garau, nach Angaben des Mallorca Magazins am Mittwoch.
Auch in anderen Teilen der Welt, die stark auf den Tourismus ausgerichtet seien, werde es früher oder später notwendig sein, die Wirtschaftsstruktur zu verändern, erklären die Experten. Ihre Vorschläge sind für die Balearen-Regierung nicht bindend. Sie dürften aber angesichts der jüngsten Overtourism-Proteste für Gesprächsstoff sorgen.
Christian Schmicke